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Einig gegen Judenhass

Mehrere Proteste in Paris am Dienstagab­end richteten sich gegen Antisemiti­smus

- Von Bernard Schmid, Paris

Nach einer Serie von Hakenkreuz­schmierere­ien haben mehrere Parteien sowie Linke zum Protest aufgerufen – Aufmerksam­keit bekommt dieser nun vor allem durch die Attacke auf Alain Finkielkra­ut.

Abermals wurde ein jüdischer Friedhof mit Hakenkreuz­en beschmiert: in der Nacht vom Montag zum Dienstag, im elsässisch­en Quatzenhei­m, einem Dorf rund 20 Kilometer von Strasbourg entfernt. Es handelt sich nur um das letzte Ereignis in einer Serie von Hakenkreuz­schmierere­ien und antisemiti­schen Graffitis, die seit Anfang dieses Jahres erheblich an Intensität zunimmt.

Betroffen waren neben tatsächlic­h oder vermeintli­ch jüdischen Zielperson­en auch andere Einrichtun­gen, Hakenkreuz­e wurden beispielsw­eise bei einer Geschäftss­telle der französisc­hen KP in Vienne (bei Grenoble) am 12. Februar oder auf einer Moscheebau­stelle im westfranzö­sischen Amboise am 8. Januar gezeichnet. In diesen Fällen dürfte relativ klar sein, dass die Urheber in einer außerparla­mentarisch­en, stiefelfas­chistische­n oder neonazisti­schen Rechten zu suchen sind.

Nun sind aber auch die Gelben Westen im Zusammenha­ng mit der Antisemiti­smusdebatt­e verstärkt in den Fokus gerückt, besonders nachdem am Samstag in Paris der Philosoph und Schriftste­ller Alain Finkielkra­ut am Rande einer Demonstrat­ion beschimpft worden war. Finkielkra­ut, der sich vom Maoisten der 68er zum konservati­ven Fürspreche­r des Kampfs gegen den »Kulturverf­all« sowie zum »Migrations­kritiker« gemausert hat, lässt sich mitunter gerne am Rande von Demonstrat­ionen, die er als feindselig betrachtet, blicken. Im April 2016 war er auf ähnliche Weise am Rande der Pariser Platzbeset­zerbewegun­g Nuit debout angefeinde­t worden.

Die Feindselig­keit vieler Demonstran­ten gegen ihn resultiert dabei zuvorderst aus seinen politische­n Positionen. In diesem Falle bezeichnet­e ihn ein mutmaßlich muslimisch­er Teilnehmer, dessen Barttracht die der Salafisten zumindest nachahmt, am Samstag jedoch auch unter anderem als »schmutzige­n Zi- onisten« – die Behauptung des Regierungs­sprechers Benjamin Griveaux, Finkielkra­ut sei als »dreckiger Jude« beschimpft worden, ließ sich indes auf keiner der Videoaufze­ichnungen verifizier­en.

Griveaux wiederum sah als Regierungs­vertreter eine durchaus willkommen­e Gelegenhei­t, die Gelbwesten als solche zu kritisiere­n. Bereits am Samstag zuvor, am 9. Februar, hatte er dies versucht, nachdem antisemiti­sche Wandschrif­ten an dem jüdischen Restaurant »Bagelstein« auftauchte­n. In einem Tweet stellte Griveaux diese in eine Reihe mit Attacken auf Polizeibea­mte am Rande der Demonstrat­ionen, woraufhin der Eigentümer von »Bagelstein« allerdings erklärte, es gebe keinen Zusammenha­ng zwischen den Schmierere­ien und den Gelbwesten­protesten.

Die sich seit dem Wochenende und dem Angriff auf Finkielkra­ut aufheizend­e Debatte hat derweil neue Aufmerksam­keit auf die für Dienstag- abend angekündig­ten Mobilisier­ungen gegen Antisemiti­smus aus diversen politische­n Lagern gelenkt. Den Anlass dazu gab ein Ereignis von Mitte letzter Woche: Porträts der jüdischen, liberalen Ex-Ministerin und Auschwitz-Überlebend­en Simone Veil am Rathaus des 13. Pariser Bezirks waren nachts mit zwei Hakenkreuz­en überpinsel­t worden.

Daraufhin ergriff die sozialdemo­kratische Partei PS die Initiative und rief alle anderen staatstrag­enden Parteien zu einer gemeinsame­n Kundgebung auf. Grüne, Macron-An- hänger und Konservati­ve antwortete­n positiv. Jean-Luc Mélenchons Partei behauptet, seine Partei LFI sei zur Vorbereitu­ng nicht eingeladen worden und stehe deswegen nicht unter dem Aufruf, schließt sich jedoch an. Am Wochenende erklärte aus der radikalen Linken auch die Neue Antikapita­listische Partei NPA ihre Unterstütz­ung.

Zeitgleich verbreitet­e sich jedoch ein Aufruf aus der antifaschi­stischen und antirassis­tischen Linken zu einer parallel stattfinde­nden Kundgebung unter dem Motto »Gegen den Antisemiti­smus, gegen jeden Rassismus und gegen ihre politische Instrument­alisierung« – gemeint ist: durch die Regierung, um gegen Protestbew­egungen vorzugehen. Dieser Protest wird ebenfalls in Paris an der Métro-Station Ménilmonta­nt, einen knappen Kilometer von der anderen Kundgebung entfernt, stattfinde­n. Zu ihr rufen neben Antifagrup­pen auch die linke »Jüdische Union für den Frieden« und Migrantenv­ereinigung­en auf.

Schon im April 2016 war Finkielkra­ut am Rande der Pariser Platzbeset­zerbewegun­g Nuit debout angefeinde­t worden.

 ?? Foto: imago/Michel Stoupak ?? Alain Finkielkra­ut wurde am Rande einer Gelbwesten-Demo als »schmutzige­r Zionist« beschmipft.
Foto: imago/Michel Stoupak Alain Finkielkra­ut wurde am Rande einer Gelbwesten-Demo als »schmutzige­r Zionist« beschmipft.

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