Das Rätsel
Wo ist Ramsan Kadyrow? Mit dieser Frage sorgte am Montag das russische Onlineportal »Kawkaskij Uzel« für Verwunderung. Denn die Frage weckt merkwürdige Erinnerungen. Im März 2015 war Kadyrows Chef, der russische Präsident Wladimir Putin, ebenfalls für ein paar Tage verschwunden. Damals reichten die Gerüchte von einem Palaststurz über geheime Verhandlungen mit Russlands mächtigsten Oligarchen bis hin zum Urlaub in der Schweiz zwecks Geburt seines Kindes. Könnte im Fall Kadyrow etwa etwas Ähnliches vorliegen?
Per Anordnung hatte das sonst so allgegenwärtige Oberhaupt der tschetschenischen Republik die Amtsvollmachten auf den Regierungsvorsitzenden Muslim Chutschiew übertragen. Das Schreiben datiert vom 11. Februar, wurde aber erst zwei Tage später auf der Webseite der tschetschenischen Regierung veröffentlicht. Die Verfassung der Kaukasusrepublik sieht die Ernennung von Stellvertretern im Krankheitsfall oder bei Urlaub des Republikoberhauptes vor. Entsprechende Angaben fehlen jedoch in der Anordnung.
Seit Mai 2007 ist Ramsan Kadyrow Tschetscheniens Präsident. In seine Amtszeit fallen der Wiederaufbau des zerstörten Landes, das Ende der Anti-Terroroperationen – und schwerste Menschenrechtsverletzungen. Regierungstruppen und Paramilitärs gelten als verantwortlich für Folter, Raub und Morde an Oppositionellen, Journalisten und Homosexuellen. Doch solange Kadyrow auf neue Unabhängigkeitsforderungen verzichtet, schien ihm die Unterstützung des Kremls eigentlich sicher.
Am Montagabend meldete sich der Verschwundene dann unverhofft zurück – aus Dubai. Dort arbeitet er an der Festigung der traditionell guten Beziehungen seiner Republik mit den Emiraten. Er habe sich bei einer zweiwöchigen Inspektionsreise bei Schnee und Wind »ein bisschen erkältet«, sagte Kadyrow via Nachrichtendienst Telegram. Fieber und Grippe, nichts Ernstes. »Aber Allah sei Dank habe ich einen starken Organismus. Zwei Tage war ich am Tropf, jetzt ist alles okay.« Auch einen Rat gegen Ansteckung konnte er geben: einfach Sport treiben.