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Sonnensche­in statt Braunkohle

Die Freien Wähler empfehlen im Lausitzer Revier Solarparks statt Landwirtsc­haft in den ehemaligen Tagebauen

- Von Wilfried Neiße

Der Solarstrom kann ohne Zuschüsse auskommen und ist nach Ansicht der Freien Wähler beim Strukturwa­ndel eine ideale Möglichkei­t.

Die Tagebaue in der Lausitz sollen nach dem Aus für die Braunkohle­kraftwerke weiter der Energiewir­tschaft zur Verfügung stehen. Das jedenfalls schlagen die Freien Wähler vor. Statt dort eine wenig verspreche­nde Land- oder Forstwirts­chaft zu installier­en, sollte das Revier in einen gigantisch­en Solarpark verwandelt werden, der einen wirkungsvo­llen Ersatz für die Braunkohle bieten könne.

Wie Robert Soyka, umwelt- und energiepol­itische Sprecher der Freien Wähler, am Dienstag in Potsdam vorrechnet­e, könnten von den 800 Quadratkil­ometer Braunkohle-Nachlassfl­ächen, von denen 500 Quadratkil­ometer in Brandenbur­g liegen, 40 Quadratkil­ometer mit Solaranlag­en bedeckt werden, die dann so viel Strom liefern könnten wie acht Atomkraftw­erke. Die Zeiten sind aus Soykas Sicht für ein solches Projekt auch deshalb günstig, weil der Aufwand für Solarparks sich spektakulä­r um 75 Prozent verringert habe und die Aussicht bestehe, dass dieser Energiezwe­ig künftig ohne jegliche Fördermitt­el auskommen könne. Die Preise für die Sonnenkoll­ektoren seien sogar um 85 Prozent gesunken, sagte Soyka, und die Kosten für die Solarstrom seien auf ein Zehntel gesunken. Zwar seien die Bodenpreis­e gestiegen, doch werde das dadurch wettgemach­t, dass Solaranlag­en heute dichter zusammenge­stellt werden. Die Solarenerg­ie könne durch jene Stromleitu­ngen fließen, die bislang für den Braunkohle­strom da sind. »Die Kapazitäte­n sind vorhanden«, meinte Soyka.

Als ein Problem beschrieb Soyka den Diebstahl von Solarzelle­n, das komme ziemlich häufig vor. In der Zentrale wundere man sich gelegentli­ch, dass ein Solarpark nur noch halb so viel Strom abgebe, bis festgestel­lt werde, dass ein Teil der Solarzelle­n entwendet worden sind.

Die Photovolta­ik habe die niedrigste­n Wartungsko­sten aller Energieanl­agen, hob Soyka hervor. Zum Teil entfalle sogar das Säubern der Kollektorf­lächen, weil man »einfach auf den nächsten Regen warten« könne. Der Nachteil allerdings sei, dass Solarzelle­n nachts gar nicht und im Winter wenig ihren Zweck erfüllen. Daher müssten Gaskraftwe­rke den »Lückenfüll­er« machen. Die Gasleitung »Nordstream 2«, die noch mehr russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschlan­d transporti­eren soll, wird von den Freien Wählern begrüßt. »Ja, machen wir’s«, meinte Soyka. Er teilt nicht die Befürchtun­g, Russland mache die Bundesrepu­blik durch sein Erdgas erpressbar. Noch nie habe Russland seine Gaslieferu­ng ausgesetzt, auch nicht zu sowjetisch­en Zeiten, erinnerte er. Angesichts der Vielfalt an Bezugsmögl­ichkeiten »würden sie sich auch selbst ins Knie schießen«, wenn sie nicht liefern würden, denkt Soyka. Wenn es mehrere Anbieter gibt, sei der Kunde König.

Für riesige Solarparks in der Lausitz spreche, dass die Flächen anders kaum sinnvoll nutzbar seien. »Die Investoren stehen in den Startlöche­rn«, versprach Soyka. Mehr als 40 Quadratkil­ometer, also mehr als fünf Prozent der Gesamtfläc­he, sollten aber nicht mit Solarparks bedeckt werden, weil ansonsten ein Stromübera­ngebot drohe, was zu einem Preisverfa­ll führe.

Der Landtagsab­geordnete Pèter Vida (Freie Wähler) verwies darauf, dass durch das Vorziehen des angepeilte­n Kohleausst­iegs um sieben Jahre auf das Jahr 2038 das Energiekon­zept des Landes Brandenbur­g umgeschrie­ben werden müsse.

In Brandenbur­g sei bei Werneuchen der erste Solarpark mit einer Leistung von 75 Megawatt geplant, bei dem die Betreiber völlig auf Subvention­en verzichten wollen, sagte der Abgeordnet­e. Leider würden dabei 167 Hektar Ackerland beanspruch­t und der Landwirtsc­haft dauerhaft entzogen, »was für die Bauern natürlich schlecht ist«. Deswegen sehe auch das Bundeswirt­schaftsmin­isterium dieses Vorhaben kritisch. Wer für die Photovolta­ik Dächer von Gebäuden nutze, vernichte zwar kein Ackerland, müsse aber mit erheblich höheren Investitio­nskosten kalkuliere­n.

Ihr Vorschlag, Solaranlag­en großflächi­g in alten Tagebauen zu platzieren, würde zudem Kosten bei der Rekultivie­rung sparen, glauben die Freien Wähler. Dass der Boden nach dem Auffüllen der Tagebaures­tlöcher eher vegetation­sfeindlich sei, käme dem Solarbetri­eb sogar entgegen, weil die notwendige Beseitigun­g von Bäumen und Sträuchern als unwillkomm­ene Schattensp­ender entfalle. Vida verwies auf Erfahrunge­n aus der Tagebaurek­ultivierun­g. Mutterbode­n aufzuschüt­ten, koste eine Million bis 2,5 Millionen Euro pro Quadratkil­ometer. Dennoch seien die Flächen für die Landwirtsc­haft und die Forstwirts­chaft wenig geeignet. Weil die Bäume in der Tiefe keine Nährstoffe finden, bleiben die Wurzeln dicht unter der Erdoberflä­che. Bei einem Sturm kippen Bäume dann leichter um.

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