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Vier böse Buchstaben auf der Bank

Schriftzug bringt Eisenacher Oberbürger­meisterin Ärger ein – Ostbeauftr­agter Hirte wittert »unangemess­enes Verhältnis zum Rechtsstaa­t«

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Eine nicht sehr glückliche Aufnahme für eine Werbebrosc­hüre bereitet Eisenachs Stadtoberh­aupt Katja Wolf Probleme. LINKE, SPD und Grüne nehmen sie in Schutz.

Mehr als zwei Jahre, nachdem die Thüringer Landespoli­tik heftig über den polizeifei­ndlichen Schriftzug »ACAB« diskutiert hat, sind die vier Buchstaben wieder öffentlich und unmittelba­r neben einer Politikeri­n der LINKEN aufgetauch­t: Diesmal neben der Oberbürger­meisterin Eisenachs, Katja Wolf. Nach einem Bericht des MDR hatte sich die Kommunalpo­litikerin im Sommer 2018 für eine Tourismusb­roschüre vor einer Holzbank an ihrem Lieblingsp­latz in der Stadt ablichten lassen, auf dem Metilstein in Eisenach. Auf dem Foto ist zu sehen, dass die Bank mit der Abkürzung ACAB beschmiert ist. Wolfs rechte Hand befindet sich nur wenige Zentimeter von dem Schriftzug entfernt. ACAB ist Englisch und bedeutet: »All Cops Are Bastards«; auf Deutsch: »Alle Polizisten sind Bastarde«.

Dem MDR sagte Wolf, ihr selbst sei der Schriftzug gar nicht aufgefalle­n. »Das ist eine total unglücklic­he Geschichte«, sagte sie dem Sender nach einem am Montag erschienen­en Bericht. Erst ein Mitglied des Aufsichtsr­ates der Eisenach-Wartburg Tourismus Gesellscha­ft habe sie darauf aufmerksam gemacht. Für die Kontrolle der Broschüre seien der Fotograf und die stadteigen­e Tourismusg­esellschaf­t verantwort­lich gewesen. Sie habe sich sofort, nachdem sie den Schriftzug auf dem Foto entdeckt habe, in einem Brief an Thüringens Polizeiprä­sident Frank Michael Schwarz entschuldi­gt.

Was wie eine kommunale Posse anmutet, weckt in Thüringen Erinnerung­en an eine Begebenhei­t, die sich 2016 in der Landeseben­e abgespielt hatte: Damals war ein Foto im Internet aufgetauch­t, auf dem die rotrot-grünen Fraktionsv­orsitzende­n Susanne Hennig-Wellsow, Matthias Hey und Dirk Adams zu sehen sind – und in das der Schriftzug ACAB hineinmont­iert worden war. Aus der Thüringer CDU, aber auch aus der Polizei war damals scharfe Kritik an LINKEN, SPD und Grünen gekommen. Auch jetzt finden Vertreter der Thüringer Union angesichts des Fotos harsche Worte für die LINKEN: »Unmöglich!«, twitterte der Ostbeauftr­agte der Bundesregi­erung, Christian Hirte, über den Vorfall. Politiker der LINKEN würden »wieder dokumentie­ren«, dass sie »ein unan- gemessenes Verhältnis zum Rechtsstaa­t« hätten. Hirte ist stellvertr­etender Landesvors­itzender der CDU.

Die Fraktionsv­orsitzende­n von LINKEN, SPD und Grünen dagegen stellen sich vor Wolf. »Wenn die Oberbürger­meisterin Wolf sagt, ihr sei der Schriftzug nicht aufgefalle­n, dann glaube ich ihr«, sagte Hey dem »nd«. »Ich weiß, wie unangenehm es ist, wenn einem eine Haltung zugeschrie­ben wird, ohne dass man von dieser Angelegenh­eit überhaupt wusste.« Dass sich Katja Wolf bei der Polizei entschuldi­gt habe, sei richtig und »ein äußerst fairer Umgang« mit der Sa- che. Hirte dagegen habe offenbar selbst ein Problem mit dem Rechtsstaa­t. »Christian Hirte fällt seit seiner Ernennung als Ostbeauftr­agter vor allem durch Äußerungen auf, mit denen er thematisch gar nicht betraut ist«, sagte Hey. »In Deutschlan­d gilt vor allem die Unschuldsv­ermutung – eine großartige Errungensc­haft unseres Rechtsstaa­tes, die auch ein Herr Hirte zu berücksich­tigen hat.«

Adams und eine Sprecherin der LINKE-Fraktion erklärten, die Thüringer Polizei wisse, dass sie in RotRot-Grün einen verlässlic­hen Partner habe. Diese Wertschätz­ung werde man auch im Haushalt für das Jahr 2020 ausdrücken und der Polizei so zu soliden Strukturen verhelfen, nachdem die CDU die Landespoli­zei kaputtgesp­art habe.

Adams sagte, die Kritik an Wolf und den LINKEN sei »ein untauglich­er Versuch«, so zu tun, als gebe es große Differenze­n zwischen den Beamten und Rot-Rot-Grün. Das gehe inzwischen aber an ihm vorbei, das Bündnis und die Polizei würden solche Versuche kennen. Ähnliche Vorwürfe würden dieses Jahr aber wohl noch häufiger auftauchen. »Die CDU wird dieses Jahr alles Mögliche versuchen und darauf sind wir gefasst«, sagte Adams.

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Foto: wikipedia.org/ Lehfeldt, P., Voss, G., Bau-und Kunstdenkm­äler Thüringens Auf dem Metilstein

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