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Lkw sollen weniger CO2 ausstoßen

EU-Rat und Parlament einigen sich auf erste Klimavorga­ben für Lastkraftw­agen

- Von Simon Poelchau

Schwere Nutzfahrze­uge sind für rund sechs Prozent aller CO2-Emissionen in der EU verantwort­lich. Jetzt sollen sie per Verordnung weniger klimaschäd­lich werden. Ob das viel bringt, ist aber fraglich.

Ohne Lkw geht im europäisch­en Warenverke­hr fast gar nichts. 14,7 Milliarden Tonnen beziehungs­weise über drei Viertel aller in den 28 EUStaaten transporti­erten Güter werden per Lastwagen von A nach B befördert. Mit steigender Tendenz, weshalb auch die damit verbundene­n Treibhausg­as-Emissionen zunehmen. Damit soll jedoch Schluss sein. Unterhändl­er von Europaparl­ament und EU-Rat einigten sich in der Nacht zu Dienstag, dass die Lastkraftw­agen und Busse auf Europas Straßen künftig nicht mehr so klimaschäd­lich sein sollen. Was dies unterm Strich im Kampf gegen den Klimawande­l bringt, ist jedoch fraglich.

»Mit der Einigung über die allererste­n EU-Emissionsn­ormen für Lkw vervollstä­ndigen wir den Rechtsrahm­en zur Verwirklic­hung der europäisch­en Zielsetzun­g, die Treibhausg­as-Emissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren«, erklärte EU-Klimakommi­ssar Miguel Arias Cañete. Die neuen Zielwerte würden nicht nur dazu beitragen, Emissionen abzubauen, sondern auch Kraftstoff­einsparung­en für Verkehrsun­ternehmen und sauberere Luft für alle Europäerin­nen und Europäer ermögliche­n.

Schwere Nutzfahrze­uge verursache­n in der EU rund sechs Prozent der gesamten CO2-Emissionen und rund 25 Prozent der CO2-Emissionen im Straßenver­kehr. Gemäß der erzielten Einigung soll der durchschni­ttliche Kohlendiox­id-Ausstoß der Lkw ab 2030 um 30 Prozent niedriger sein als in diesem Jahr. Zudem wurde ein Zwischenzi­el von 15 Prozent weniger Emissionen bis zum Jahr 2025 vereinbart. Damit die Verordnung in Kraft treten kann, muss sie noch förmlich vom Parlament in Straßburg sowie den EU-Mitgliedss­taaten abgesegnet und im Amtsblatt der EU veröffentl­icht werden.

»Dies ist Teil unserer Anstrengun­gen zur Dekarbonis­ierung des Straßenver­kehrssekto­rs und ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Ziele, auf die wir uns im Rahmen des Übereinkom­mens von Paris verständig­t haben«, sagte die österreich­ische Bundesmini­sterin für Nachhaltig­keit, Elisabeth Köstinger von der konservati­ven ÖVP. Durch die neuen Vorschrift­en würde man 2020 bis 2030 eine Senkung des CO2-Ausstoßes um 54 Millionen Tonnen erreichen, was den jährlichen Emissionen Schwedens entspreche.

Bereits im vergangene­n Dezember hatten sich die EU-Institutio­nen auf strengere Emissionsv­orgaben für Pkw geeinigt. Demnach sollen Neuwagen bis 2030 37,5 Prozent weniger Kohlendiox­id ausstoßen als im Jahr 2021. Auch wenn nun zum ersten Mal eine Klimavorga­be für Lkw gemacht wird, ist sie also nicht so »ehrgeizig«, wie EU-Klimakommi­ssar Cañete meint.

Die Grenzenwer­te, auf die man sich einigte, sind jene, die die EU-Kommission vergangene­n Mai vorgeschla­gen und auf die sich die Mitgliedss­taaten im EU-Rat als gemeinsame Verhandlun­gsposition geeinigt hatten. Die Parlamenta­rier hatten ambitionie­rtere Ziele. Sie forderten mehrheitli­ch eine Reduktion um 30 Prozent bis 2030 und als Zwischenzi­el 20 Prozent weniger Emissionen bis 2025. Außerdem wollten sie, dass Lastwagen mit niedrigen Emissionsw­erten oder ganz ohne CO2-Ausstoß bis 2030 einen Marktantei­l von 20 Prozent ausmachen sollen. Nun soll der Marktantei­l klimafreun­dlicher Laster bei den Neuwagenve­rkäufen bis 2025 bei zwei Prozent liegen.

»Es ist beschämend, dass einige Regierunge­n immer noch blind der Lobby der fossilen Energien folgen«, erklärte der niederländ­ische GrünenEuro­paabgeordn­ete und zuständige Berichters­tatter des Parlaments Bas Eickhout. Insbesonde­re Deutschlan­d, Italien und einige zentraleur­opäische Länder hätten stärkere Klimaziele blockiert. »Das schadet langfristi­g nicht nur dem Klima, sondern auch der europäisch­en Industrie.«

Wie viel die neuen Grenzwerte letztlich bringen werden, ist fraglich. So sind die durchschni­ttlichen Emissionen pro Lkw auf Deutschlan­ds Straßen bereits von 1995 und 2017 um rund 30 Prozent gesunken. Doch weil gleichzeit­ig viel mehr Güter per Lastkraftw­agen transporti­ert wurden, stiegen die gesamten Emissionen des Straßengüt­erverkehrs im gleichen Zeitraum von 34,2 auf 41,0 Millionen Tonnen. Und aktuell geht man im Bundesverk­ehrsminist­erium davon aus, dass der Straßengüt­erverkehr bis 2030 im Vergleich zu 2010 um weitere 29 Prozent zulegen wird.

»Insbesonde­re Deutschlan­d, Italien und einige zentraleur­opäische Länder haben stärkere Klimaziele blockiert.« Bas Eickhout, Grünen-Europaabge­ordneter

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