Die Flensburger Sünderkartei verbessern
57. Deutscher Verkehrsgerichtstag in Goslar
Der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar mit 2000 Experten endete mit vielen Empfehlungen an den Gesetzgeber, die in der Vergangenheit zu neuen Gesetzen und Verordnungen geführt haben.
Hinsichtlich der Verkehrssicherheit sprechen sich die Experten für Abbiege- und Notbremsas
sistenten aus, um die hohe Zahl der Toten bei Lkw-Unfällen zu senken. Solche Systeme sollen in allen neuen Bussen und Lkw verpflichtend werden. Die Regierung wurde aufgefordert, sich für den verbindlichen Einbau einzusetzen. Zudem sollen Ampeln so geschaltet werden, dass abbiegende Autofahrer sowie Radler und Fußgänger eigene Grünphasen haben. Gefordert werden Not
bremsassistenten, die Fahrzeuge bis zum Stillstand abbremsen können, wodurch die Zahl der Toten bei Auffahrunfällen reduziert werden soll. In-
zwischen hat übrigens die UNWirtschaftskommission für Europa (UNECE) eine im Juni zur Abstimmung stehende Vorschrift erarbeitet, wonach in der EU und in einem Dutzend anderer Länder voraussichtlich ab 2022 nur noch Neuwagen mit Notbremsassistenten auf den Markt kommen dürfen.
Verlangt wird von den Experten der Bau zusätzlicher Stellplätze auf Autobahnpark
plätzen, damit Lkw nicht wie bisher in großer Zahl auf Standstreifen sowie auf Zu- und Abfahrten abgestellt werden, wenn die Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einlegen. Dies sei eine Gefahr für den Autobahnverkehr.
Angesichts von über 12 000 Unfällen 2017 mit Personenschäden, bei denen Alkohol im Spiel war, empfehlen die Experten Alkohol-Wegfahrsper
ren, sogenannte Alkolocks, für bestimmte Promillesünder. Alkolocks sind in Kfz eingebaute Atemalkohol-Messgeräte in Kombination mit einer Weg- fahrsperre. Betrunkene können dann den Motor nicht starten. Für Ersttäter mit Alkoholwerten unter 1,6 Promille könnten Alkolocks die Alternative zum Fahrerlaubnisentzug sein.
Die vor fünf Jahren in Kraft getretene Reform der Flensburger Verkehrssünderdatei ist nach Ansicht des Verkehrsgerichtstages in einigen Punkten verbesserungsbedürftig. Künftig sollten nur noch Delikte mit Punkten belegt werden, die verkehrsgefährdend sind, empfehlen die Experten. So solle es für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort keine Punkte mehr geben. Empfohlen wird, dass Verkehrssünder durch den Besuch von Seminaren mehr Punkte abbauen können als bisher. Bei acht Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen.
Umstritten ist die Frage, wer strafrechtlich verantwortlich ist bei Unfällen mit Personenschaden bei autonom fahrenden
Autos. Gegenwärtig fehlen dafür rechtliche Rahmenbedingungen. Einigkeit bestand da-
rin: Fahrer dürfen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es beim autonomen Fahren kracht. Sie müssen die strafrechtliche Verantwortung nur dann tragen, wenn sie das automatisierte System kontrollieren können, sie das Fahrzeug eigenhändig gelenkt haben und der Aufforderung des Systems zur Kontrollübernahme nicht rechtzeitig gefolgt sind.
Die Verkehrsexperten möchten die Rechte schwer verletz
ter Unfallopfer stärken. Wenn es um die Höhe möglicher Einmalzahlungen zur Abfindung aller finanziellen Ansprüche geht, sollten Versicherungen verpflichtet werden, die Kosten eines unabhängigen Sachverständigen zu bezahlen. Der Gutachter solle dann den Abfindungsbetrag berechnen. Wenn Betroffene eine Einmalzahlung statt einer Rente erhielten, müsse der Abfindungsbetrag so hoch sein, dass Geschädigte eine Rente durch die Zinsen und den Abbau des Kapitals bestreiten können.