Wer kassiert künftig an der Ladenkasse?
Bargeldloses Bezahlen
Vier Jahre nachdem der »iPhone«-Bezahldienst »Apple Pay« in den USA startete, ist der Service seit Dezember auch in Deutschland verfügbar. Doch ob das bargeldlose Zahlen hierzulande ein Hit wird, ist unter Experten umstritten. Letztlich werden auch die Verbraucher entscheiden, welche Art von Zahlungsverkehr sich durchsetzt.
Für Apple-Pay-Chefin Jennifer Bailey ist Deutschland eine Herausforderung – was nicht allein an der angeblichen Liebe der Deutschen zum Bargeld liege. Mit dem Eintritt des US-amerikanischen Computerherstellers Apple in den deutschen Finanzmarkt ende ein »großes Vakuum im Kosmos des bargeldlosen Zahlungsverkehrs«, schreibt der Experte Marcus Mosen auf »Finanz-Szene.de«.
Angriff auf deutsche Banken
Mosen verbindet seine ausführliche Analyse der Geschichte des mobilen Bezahlens (neudeutsch: »Mobile-Payment«) mit einer Fundamentalkritik an den Banken. Sie hätten dieses Geschäftsfeld »nie wirklich als strategisch wichtiges Kerngeschäft« erkannt.
Ein wesentlicher Teil der neuen Wertschöpfung – die auf Kosten von Bargeld und Kreditkarten erfolge – liege mittlerweile außerhalb des Bankwesens. Nämlich bei Apple, Google und Consorten. Banken denken nun über engere Kooperationen mit den ungeliebten Konkurrenten nach. Doch in einer Liaison mit den Tech-Konzernen drohten den Banken neben Einbußen bei den Gebühren noch weitere Ge- fahren, meint das »Handelsblatt«. Wenn Verbraucher zunehmend mit Diensten wie »Apple Pay« oder »Google Pay« zahlen würden, so das führende Wirtschaftsblatt, verlieren Banken den direkten Kontakt zu ihren Kunden.
Wie zahlen die Deutschen am liebsten?
Die Verbraucher hierzulande sind international bekannt für ihre Vorliebe für Bargeld. Ihre Einkäufe bezahlten sie 2017 nach den Statistiken der Bundesbank meistens bar, und zwar 74 Prozent aller Zahlvorgänge und 48 Prozent des gesamten Einkaufswertes.
Wenn die Deutschen nicht bar zahlen, dann zahlen sie (fast immer) elektronisch: 2017 machten Verbraucher schätzungsweise 17 Milliarden elektronische Zahlungen. Wenn elektronisch, dann bezahlen deutsche Verbraucher am liebsten per Lastschrift oder per Karte.
Deutlich seltener werden Überweisungen oder E-GeldZahlungen genutzt. Knapp ein Fünftel ihrer elektronischen Zahlungen wiesen die Deutschen 2017 über das Internet an.
Und das mobilen Bezahlen?
2017 hatte nur eine Minderheit von etwa 5 bis 7 Prozent der befragten Verbraucher schon einmal mit dem Smartphone bezahlt, wie verschiedene Umfragen belegen. »Mobil« wird also bislang äußerst selten gezahlt. Doch dies könnte sich 2019 ändern. Die Bedingungen dafür wurden im vergangenen Jahr geschaffen, als weitere mobile Bezahllösungen auf den Markt kamen.
»Online- und Mobilzahlungen bieten Verbrauchern neue Wege, Zahlungen anzustoßen«, heißt es nun bei der Deutschen Bank. Und die Nummer eins ist durchaus optimistisch, etwas vom großen Kuchen abzubekommen. Abgewickelt werde das mobile Bezahlen schließlich meistens über etablierte Infrastrukturen.
So einfach geht' es
Mit Apple und Google mischen nun zwei Online-Giganten im Geschäft mit und versuchen, Nutzern die Vorteile von Mobile-Payment schmackhaft zu machen, umschreibt das Fachmagazin »Creditreform« die neue Lage.
Und so einfach geht es: Zahlen per Smartphone ermöglicht grundsätzlich das Verschmelzen stationärer und online-basierter Zahlungsarten in einer App. Zusätzlich kann die App auch das direkte Bezahlen zwischen zwei Privatpersonen (Person-to-Person/P2P) ermöglichen. Auch das kontaktlose Zahlen per Plastikkarte mit NFC-Chip (Near Field Communication) an der Ladenkasse wird den Mobilzahlungen zugerechnet.
Die Voraussetzungen für mehr mobiles Bezahlen, sowohl über Karten als auch über Smartphones, sind gut: Über ein Drittel der Terminalbesitzer akzeptiert bereits kontaktlose Zahlungen per NFC, und über 34 Milli- onen Girocards mit NFC-Funktion sind schon an Privatkunden ausgegeben. Außerdem verfügen drei von vier Deutschen über Mobiltelefone mit Internetzugang.
Vorreiter sind Google Pay und Apple Pay in Deutschland ohnehin nicht wirklich. Im Laufe des vergangenen Jahres wurden verschiedene neue Lösungen von Anbietern mit eigenem großem Kundenstamm auf den Markt gebracht. Dazu gehören Angebote und Apps der privaten Banken, der Sparkassengruppe, der Volks- und Raiffeisenbanken. 2019 werden nahezu flächendeckend mobile Bezahllösungen angeboten. Die Verbraucher haben die Qual der Wahl – von bar bis mobil.
Abgesang auf das Bargeld?
Das kontaktlose Zahlen wie auch das Zahlen per Handy gilt als relativ sicher. Denn die Zahlung erfolgt nicht direkt, sondern über eine zwischengeschaltete Bank. Diese prüft über eine verschlüsselte Leitung die Daten des Kunden und ob er berechtigt ist, die App oder die NFC-Karte zu nutzen.
Hat der US-Gigant Apple nun mit seinem Vorstoß auf den deutschen Markt den Abgesang auf das Bargeld eingeleitet? Kenner der Verhältnisse bleiben bis auf weiteres skeptisch. »Die Deutschen werden mit Bargeld auch in zehn oder zwanzig Jahren noch bezahlen können«, behauptet der Heilbronner Professor und Buchautor Ludwig Hierl. Mobile-Payment sei bloß ein weiteres Angebot. Für Kunden bleibt Bargeld ohnehin meistens die praktischere Lösung – mit der weder Apple noch die Deutsche Bank Geld verdienen.