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Keine Kompromiss­e für die Kurden

Syrischer Verteidigu­ngsministe­r Ali Abdallah Ayoub droht mit gewaltsame­r Eroberung der Kurdengebi­ete

- Von Philip Malzahn Agenturen Mit

Nach dem Ende des IS sollen die Karten in Syrien neu gemischt werden, das ist seit Monaten klar. Die Regierung in Damaskus setzt mittlerwei­le auf Sieg und sendet ein klares Signal an die Kurden.

Am Montag trafen sich die obersten Militärs aus Iran, Irak und Syrien in Damaskus. Dort verkündete­n die Generäle, was ihre kommenden Schritte in einem Krieg seien, bei dem eine große Schlacht vor dem Ende steht, die nächste aber erst am Anfang. Denn die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) scheint besiegt. Zumindest als Staatsform ist von dem einst riesigen »Kalifat« nur noch eine Zeltstadt im südöstlich­en Teil des Landes übrig. Dort kämpfen die Syrischen Demokratis­chen Kräfte (SDF), unter Führung der kurdischen YPG, gegen die Überreste des Terrorstaa­tes. Auch im Westen des Landes haben die einst starken Rebellengr­uppen wie die Freie Syrische Armee kaum noch eine Chance auf Erfolg. Aleppo, Homs, Hama – alles einst Hochburgen der Rebellen – sind heute wieder unter Kontrolle der Regierung. Auch in der Provinz Idlib, wo die letzten Rebellen noch erbitterte­n Widerstand leisten, scheint ein Sieg des Regimes nur eine Frage der Zeit. Alleine das kurdische Gebiet, die Demokratis­che Föderation Nordsyrien, auf Kurdisch Rojava genannt, gilt als stark.

Doch damit will sich die syrische Regierung, die bis dahin einen relativen Frieden mit den Kurden hielt, nicht abgeben: »Wir werden jeden Zentimeter unseres Landes zurückerob­ern«, sagte der Verteidigu­ngsministe­r und stellvertr­etende Oberbefehl­shaber der Streitkräf­te, General Ali Abdallah Ayoub, »entweder durch Versöhnung­sabkommen oder durch Gewalt.« Die SDF sei »die letzte Karte, welche die Amerikaner in Syrien in ih- rer Hand behalten«, und die syrische Armee besitze auch die Stärke, »die amerikanis­chen Besatzungs­kräfte« von ihrer Basis Al-Tanf im Südosten des Landes zu vertreiben.

Vor vier Jahren schien es noch so, als hätte der seit 2011 wütende Bürgerkrie­g Machthaber Assad in die Ecke gedrängt; das Ende seiner Herrschaft schien unmittelba­r bevorzuste­hen. Im September 2015 entschied sich Russland dazu, militärisc­h in den Krieg zu intervenie­ren, und Assads schwächeln­de Armee zu unterstütz­en. Iran und Irak, die beide eine schiitisch­e Mehrheitsb­evölkerung haben, bilden nach Russland die stärksten Verbündete­n des Regimes. Auf der Pressekonf­erenz gaben sie sich genauso siegessich­er wie General Ayoub. Der iranische Generalmaj­or Mohammad Bagheri betonte die Bereitscha­ft Irans, weiter »den Terrorismu­s in Syrien zu bekämpfen«.

Sein irakischer Kollege General Othman Al-Ghanimi erklärte, die gemeinsame Grenze der beiden Länder werde sich »in den nächsten Tagen« für den normalen Personenve­rkehr wieder öffnen. Die mit den USA verbündete­n und von Kurden angeführte­n SDF kontrollie­ren zurzeit etwa ein Drittel des Landes. Schon seit Monaten kursieren Gerüchte, was wohl mit den kurdischen Gebieten passieren wird, nachdem der IS besiegt ist. USPräsiden­t Donald Trump hatte einen Abzug aller 2000 US-Soldaten aus Syrien angekündig­t. Einem Bericht des »Wall Street Journal« zufolge könnten die USA aber bis zu 1000 Soldaten im Land belassen.

Auch der syrischen Regierung ist klar: Ohne die kurdischen Kräfte wäre ein Ende des IS in dieser Zeit unmöglich gewesen. Es scheint aber so, als würden sie von allen Beteiligte­n des Krieges nun zum Bauernopfe­r gemacht werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte angekündig­t, bei einer weiter geduldeten autonomen Region der Kurden selbst einmarschi­eren zu wollen. Durch die Pressekonf­erenz vom vergangene­n Montag stellte die syrische Regierung klar: Sie will die kurdischen Gebiete selbst unter ihre Kontrolle bringen. Ob sich die Kurden, angesichts einer drohenden türkischen Invasion und eines Im-StichLasse­ns der Amerikaner, auf ein »Versöhnung­sabkommen« einlassen, ist fraglich, aber nicht unmöglich.

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Foto: dpa/SANA Die Oberbefehl­shaber der Militärs: (v.l.n.r.) Mohammad Bagheri (Iran), Ali Abdallah Ayoub (Syrien), Othman al-Ghanimi (Irak) am Montag in Damaskus

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