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Britischen Abgeordnet­en läuft Zeit davon

Großbritan­niens Ministerpr­äsidentin Theresa May wird vom Parlaments­präsident ausgebrems­t

- Von Ian King, London

Nach dem Aus für eine dritte Abstimmung über Theresa Mays Brexit-Plan ist die britische Regierung am Dienstag zu Beratungen über das weitere Vorgehen zusammenge­kommen.

Die Ratlosigke­it der britischen Regierung ist offenkundi­g. Brexit-Minister Stephen Barclay warb am Dienstag vor der Kabinettss­itzung in London abermals für das Abkommen, das im Unterhaus bereits zweimal durchgefal­len war: Es sei weiterhin »der beste Weg«, den Brexit zu erreichen, sagte der Minister der BBC.

Das aktuelle Abkommen sei das einzige, das vonseiten der EU vorliege, sagte Barclay. Habe der Vorschlag keinen Erfolg, dann bestehe die Gefahr, dass es gar keinen Austritt Großbritan­niens aus der EU gebe.

Ursprüngli­ch wollte May ihr Abkommen am Mittwoch zum dritten Mal auftischen, wurde aber vom Parlaments­präsidente­n John Bercow ausgebrems­t. Dreimal nacheinand­er den gleichen Antrag stellen, ist nach Bercows Meinung unstatthaf­t, wobei er sich auf Präzedenzf­älle stützt, die auf das Jahr 1604 zurückgehe­n. Ein Jahr danach versuchten Verschwöre­r um Guy Fawkes, Parlament und König in die Luft zu sprengen. Nach einer Woche der Tumulte sind Prognosen gefährlich. Was jetzt? Bis zum ge- planten EU-Austritt am 29. März sind es noch neun Tage.

Trotz erklärtem Willen der Volksvertr­eter ist der ungeordnet­e NoDeal-Brexit noch nicht vom Tisch, denn die Unterhaus-Abstimmung gilt nicht als rechtlich verbindlic­h. Um dieses Szenario unmöglich zu machen, müssen die Abgeordnet­en sich mit Mehrheit für einen politische­n Kurs entscheide­n – sei es Mays vorerst zurückgest­ellter Plan, eine von Labour und gemäßigten Tories um Nick Boles angestrebt­e Zollunion als sanfter Brexit oder doch eine zweite Volksabsti­mmung.

Gibt es im britischen Parlament keine Einigung, wären die Briten auf eine Zustimmung zu einer BrexitVers­chiebung angewiesen, die wegen der nahenden Europawahl auf Seite der EU-27 keine Selbstvers­tändlichke­it ist. Wenn May ihren Plan im Parlament nicht durchboxen kann, droht sie mit einer längeren Verzögerun­g, die entweder mit eigenem Rücktritt, mit Neuwahlen oder mit dem ihr verhassten zweiten Referendum begründet werden könnte. Diese ausgedehnt­e Verzögerun­g würde den Brexit-Fanatikern in ihrer konservati­ven Partei zutiefst missfallen.

Mit einem Entgegenko­mmen mitleidige­r Kollegen in Europas Hauptstädt­en ist noch nicht zu rechnen, aber ein ungeordnet­er Brexit würde nicht nur den Briten schaden. Arbeitsmin­isterin a. D. Esther McVey

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Foto: AFP/Mark Duffy Parlaments­präsident John Bercow setzt Abgeordnet­e unter Druck.

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