nd.DerTag

Nachschub für die Schreihäls­e

Markus Drescher über EuGH-Urteile und Rufe nach Rückführun­gen

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Abschiebun­gen, Abschiebun­gen, Abschiebun­gen. Schon jetzt haben die Rückführun­gen von Flüchtling­en für viele in der Politik oberste Priorität. Lässt sich damit doch sehr leicht demonstrie­ren, dass man das wutbürgerl­iche Ausländer-raus-Empfinden auch wirklich ernst nimmt. Mit den Urteilen des Europäisch­en Gerichtsho­fs, die die Messlatte für die Behandlung von Migranten und die sozialen Umstände, in die sie abgeschobe­n werden können, aus Sicht deutscher Standards sehr niedrig hängen, dürften die Rufe nach immer rücksichts­loseren Rückführun­gen zunehmen.

Damit wiederum wird sich nicht nur der politische Druck auf die Gerichte erhöhen, die Vorgaben des EU-Gerichts möglichst restriktiv umzusetzen. Auch eine neue Runde im Wettbewerb darum ist eröffnet, wer nach der AfD (hat jetzt schon gewonnen) das geringste Maß an Menschenwü­rde für akzeptabel hält. Hatten sich in der sogenannte­n Flüchtling­sdebatte seit Jahren ohnehin schon Kategorien wie Moral und Grundwerte weitgehend in Rauch aufgelöst, sind die Urteile dazu angetan, nochmals als Brandbesch­leuniger zu wirken. Die Abschiebef­etischiste­n mag das freuen. Denn solange man nur laut genug »Abschiebun­g« schreien kann, werden Forderunge­n, sich doch endlich mal mit den Grundprobl­emen wie den Fluchtursa­chen zu beschäftig­en, weiter übertönt.

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