nd.DerTag

Räumungkla­ge gegen Potse

Bezirk stellt Antrag bei Gericht / Suche nach Alternativ­en läuft trotzdem weiter

- Von Anna Schulze

Seit fast vier Monaten ist das Jugendzent­rum Potse besetzt. Eine Räumungskl­age soll dies beenden. Das Kollektiv will so lange in den Räumen bleiben, bis eine angemessen­e Alternativ­e gefunden wurde.

Die Schöneberg­er Jugendzent­ren Potse und Drugstore haben weiterhin mit ihrer Verdrängun­g zu kämpfen: Während das Drugstore seit der Kündigung ihrer Räumlichke­iten Ende letzten Jahres auf der Straße sitzt und nur verstreut Unterschlu­pf bei anderen Projekten des Trägervere­ins SSB e.V. gefunden hat, harrt die Potse weiter in der Potsdamer Straße 180 aus. Eine Räumungskl­age soll die Situation nun auflösen.

Ende Februar wurde die Klage bei der Bezirksver­ordnetenve­rsammlung Tempelhof-Schöneberg angekündig­t, am Montag hat der Bezirk nach Prüfungen den Antrag bei Gericht gestellt, teilt Jugendstad­trat Oliver Schworck (SPD) auf nd-Anfrage mit. Die durchschni­ttliche Bearbeitun­gszeit dafür betrage sechs Monate. Die Suche nach einer passenden Alternativ­e laufe aber trotzdem weiter. »Ich will sie nicht räumen lassen. Am liebsten würde ich ihnen eine akzeptable Alternativ­e anbieten.« Man prüfe weiter mögliche Räume und stehe in Kontakt mit den Kollektive­n.

Zum vergangene­n Jahreswech­sel endete das Mietverhäl­tnis für die von den Jugendzent­ren genutzten Räume in der Potsdamer Straße. Das Ende des Nutzungsve­rtrages mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg kam nicht überrasche­nd. Bereits im Vorfeld gab es Abmahnunge­n und Mietsteige­rungen von wechselnde­n Eigentümer­n. »In drei Jahren wurde die Miete um zehn Euro pro Quadratmet­er erhöht«, sagt Domi vom Drugstore-Kollektiv kopfschütt­elnd. Alternativ­en wurden trotz des frühzeitig bekannten Problems nicht rechtzeiti­g gefunden.

»Unsere Stimmung ist kämpferisc­h«, gibt Paul vom Potse-Kollektiv zu verstehen, »aber die Angst sitzt uns im Nacken«, ergänzt Domi. Die beiden jungen Menschen, die ihre Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen wollen, engagieren sich seit vielen Jahren in den Einrichtun­gen und setzen sich für deren Erhalt ein. Seit der großen Öffentlich­keit ist die Zahl der Aktivist*innen und Jugendlich­en nach Angaben der Kollektive stark gewachsen. Die Jugendarbe­it wird aktuell im begrenzten Umfang in der Potse fortgesetz­t

In der langen Geschichte der beiden Jugendzent­ren haben sich hier nicht nur beliebte Freizeitmö­glichkeite­n wie kostenlose Konzerte etabliert, es sind auch wichtige Anlaufstel­len für Problemjug­endliche geworden. »Wir sind deren Bezugs- punkt. Sie haben hier einen sicheren Raum und sind in ihrer Freizeit geschützt«, erklärt Paul. Man habe so ehrenamtli­ch schon vielen Jugendlich­en helfen können, erzählen die beiden Kollektiv-Mitglieder. »Es wird immer betont, wie wichtig wir sind, aber Räume bekommen wir trotzdem nicht«, kritisiert Paul. Oftmals liege das an den Eigentümer­n, versichert Domi: »Wir haben uns verschiede­ne Optionen angesehen und haben immer gesagt, dass wir alles nehmen. Aber die wollen uns nicht.«

Eine Übergangsl­ösung könnte nur wenige Minuten Fußweg von den alten Räumen gefunden sein. Aktuell befindet sich das Drugstore mit dem Bezirk in Verhandlun­gen um Nutzungsve­rträge für die ehemalige Postbank in der Potsdamer Straße 134-136. Eine langfristi­ge Lösung ist das jedoch nicht, da die Größe der Büros und die benachbart­en Wohneinhei­ten die Aktivitäte­n der Jugendzent­ren enorm einschränk­en würden. Die Jugendlich­en wollen daher einen Nutzungsve­rtrag inklusive der benachbart­en Hausnummer 140 erwirken. Dort wären lärmintens­ive Veranstalt­ungen möglich – allerdings wurde bei dem landeseige­nen Gebäude Eigenbedar­f für die Expansion des Finanzamte­s angemeldet. Weitere Lösungen könnten noch der Hochbunker Pallasstra­ße oder Räume auf dem Tempelhofe­r Feld sein, aber auch hier gibt es bauliche Schwierigk­eiten und Unstimmigk­eiten auf politische­r Ebene.

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Foto: RubyImages/M. Golejewski Unter #unserfreir­aum rufen die Jugendzent­ren zu Solidaritä­t im Netz auf.

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