Kostspielige Sparversuche
Landesrechnungshof Bremen legte Bericht vor
Wie eine Erzieherin nennt Bremens Rechnungshofpräsidentin Bettina Sokol bei der Vorstellung des Jahresberichts 2019 das Positive zuerst und guckt wegen der miserablen heimischen Finanzlage milde über ein paar Haushaltsüberschreitungen hinweg. Bremens Haushalt sei ins Gleichgewicht gebracht worden durch günstigere Kreditbedingungen und höhere Steuereinnahmen. Trotz Schuldentilgung sei es möglich, in Bremen ein lebenswertes Leben zu gestalten, so Sokol.
Dann kommt Negatives aus dem Bericht, der sich auf das Jahr 2017 bezieht: Altschulden und Sanierungsstau seien weiterhin ernste Probleme, die dringend gelöst werden müssten. Und Sokol nennt haushaltsrelevante Verfehlungen, die in ihrem Haus gar nicht »goutiert« würden. Außer Haus vielleicht schon, weil manche an Schilda erinnern.
Etwa die Entschädigung für Dienstfahrten im privaten Pkw von 15 Cent je Kilometer für kürzere Strecken und 30 Cent für längere. Zwar sind 15 Cent der Regelfall, jedoch sei im neuen Abrech-
Altschulden und Sanierungsstau sind ernste Probleme, die dringend gelöst werden müssten.
nungsprogramm 30 Cent die Grundeinstellung. Die Umschaltung auf 15 Cent wäre nur ein Klick, den sich laut Sokol die meisten zuständigen Vorgesetzten sparen – aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit.
Auch der Sparversuch mittels computerbasierter Standgebühren-Abrechnung auf dem Weihnachtsmarkt scheiterte. Die neue Technologie war fehlerhaft. Ein Behörden-Mitarbeiter musste zu Fuß über den Weihnachtsmarkt und Abrechnung sowie GebührenEinsammeln vor Ort erledigen.
Der ebenfalls geprüften, privaten International School of Bremen (ISB), an der nur Englisch gesprochen wird und deren Abschluss in Deutschland keinen UniZugang bedeutet, sollte laut Sokol der Ersatzschul-Status und damit Zuschüsse aus dem Bremer Etat gestrichen werden.
Gebühren von 6000 Euro für den »Eintritt« plus etwa 700 Euro monatlich seien als Zugangsbeschränkung zu bewerten, was vom Grundgesetz her den Ersatzschulstatus ausschließe. Obwohl die ISB Überschüsse in Millionenhöhe erwirtschaftet habe, seien ihr bisher mehr als zehn Millionen Euro Unterstützung aus dem Bremer Etat zugeflossen.
Auch der IT-Beschaffungsvertrag, den Bremen und weitere Bundesländer mit »Dataport« geschlossen haben, sollte wegen des unklaren Abrechnungsmodus` nachgebessert werden. Zu den sechs norddeutschen Bundesländern, die »Dataport« als Anstalt des öffentlichen Rechts betreiben, gehört auch Bremen.
Mehr nach Korruption denn nach Schildbürgerstreich klingt der Hinweis auf den Deichverband, der für eine Deicherhöhung die Planung, Vergabe, Abrechnung und Kontrolle einer einzigen Person übertrug. Es wurden laut Sokol sogar Rechnungen für Leistungen ohne Belege bezahlt.
Und die Bremer Toto- und Lotto GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter Bremen ist, sei in Sachen Einhaltung der Tariftreue- und Vergabegesetze sowie der Wirtschaftlichkeit und der Orientierung am Glücksspielrecht zu überprüfen. So dürfe etwa Werbung Spielsucht nicht befördern. Sokol sieht in Teilen der Bremer Lotto-Werbung eher ein Anheizen von Spielsucht.