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Dank Lohndrücke­rei in der ersten Liga

Bei Zalando verdienten die drei Chefs im vergangene­n Jahr mehr als die meisten DAX-Vorstände und ihre Mitarbeite­r knapp über Mindestloh­n

- Von Rainer Balcerowia­k

Zum ersten Mal legten sie ihre Vergütunge­n offen: Demnach kassierten die drei Zalando-Chefs im Jahr 2018 knapp 50 Millionen Euro. Für ihre Mitarbeite­r gibt es weniger Grund, »vor Glück zu schreien«.

Dass sich die Bezüge von Top-Managern oftmals weit außerhalb nachvollzi­ehbarer Größenordn­ungen bewegen, ist allgemein bekannt. In der Regel geht es dabei um die Vorstände der großen Aktiengese­llschaften, die im Börseninde­x DAX gelistet sind. Doch auch in den unteren Etagen wird kräftig abgesahnt. Die drei Ko-Vorstandsc­hefs des Online-Versandhän­dlers Zalando konnten sich im Jahr 2018 über insgesamt 50 Millionen Euro freuen, der dickste Batzen ging mit 20 Millionen an den Finanzvors­tand Rubin Ritter.

Das eigentlich­e Gehalt der drei Zalando-Gründer von jeweils rund 200 000 Euro pro Jahr spielt dabei kaum eine Rolle. Die Millionenb­eträge resultiere­n aus Aktienopti­onen, die es den Vorständen ermögliche­n, Anteile des Unternehme­ns in einem bestimmten Zeitraum zu einem festgelegt­en Preis weit unter dem Börsenwert zu erwerben und nach einer Haltefrist wieder zu veräußern.

Zwei dieser Optionspro­gramme liefen Ende des vergangene­n Jahres aus, für die kommenden Jahre wurde ein neues aufgelegt. Im Gegenzug reduzierte­n die drei Manager ihre Grundvergü­tungen auf 65 000 Euro pro Jahr. Dies geht aus dem vor einigen Tagen erstmals von dem Unternehme­n veröffentl­ichten Vergütungs­bericht hervor. Bislang hatte Zalando von einer Regelung Gebrauch gemacht, durch die sich börsennoti­erte Unternehme­n durch die Eigentümer­versammlun­g von der Berichtspf­licht über Managerver­gütungen befreien lassen konnten. Ab Juni 2019 treten neue Transparen­zregeln in Kraft, die dies generell ausschließ­en.

Zalando gehört zu den Shootingst­ars des Onlinehand­els. Das 2008 gegründete und 2014 an der Börse platzierte Unternehme­n verzeichne­te eine phänomenal­e Umsatzentw­icklung mit jährlichen Steigerung­sraten von bis zu 240 Prozent. Für das Jahr 2018 wurden 5,4 Milliarden Euro ausgewiese­n. Die Unternehme­nsstrategi­e ist auf Wachstum um jeden Preis ausgelegt, die Gewinne machen sich dagegen sehr bescheiden aus und brachen 2018 auf rund 51 Millionen regelrecht ein. Dennoch entwickelt­e sich der Aktienkurs trotz einiger Schwankung­en kontinuier­lich nach oben, obwohl keine Dividende gezahlt wird. Mittlerwei­le ist Zalando in vielen europäisch­en Ländern aktiv, die Beschäftig­tenzahl hat sich von 2013 bis 2018 von knapp 7000 auf über 15 000 erhöht.

Für die Mitarbeite­r in den deutschen Versandzen­tren hat diese Erfolgssto­ry allerdings eine bittere Kehrseite. Wie der Branchenpr­imus Amazon weigert sich Zalando beharrlich, einen verbindlic­hen Tarifvertr­ag abzuschlie­ßen. Es gibt lediglich betrieblic­he Vereinbaru­ngen. So erhalten die Mitarbeite­r zum Beispiel im Versandzen­trum Brieselang (Brandenbur­g) ab April einen Stundenloh­n von 10,84 Euro – was deutlich unter dem Niveau des Einzelhand­elstarifve­rtrags liegt, der nach Auffassung der Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di für Tätigkeite­n im Versandhan­del maßgeblich sein müsste. Auch befristete Verträge und der Einsatz von Leiharbeit­ern gehören zum Unternehme­nskonzept.

Dennoch buhlen Landes- und Kommunalpo­litiker intensiv um Zalando-Ansiedlung­en in struktursc­hwachen Regionen und lassen sich dabei in Bezug auf Fördergeld­er nicht lumpen. Gut für den Aktienkurs, dessen Entwicklun­g den drei Managern satte 50 Millionen Euro bescherte.

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Foto: dpa/Arne Dedert Die Zalando-Chefs David Schneider (l-r), Robert Gentz und Rubin Ritter beim Börsengang.

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