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Rückwärts gehen, um vorwärts zu kommen

Die deutschen Eiskunstlä­ufer starten ohne große Hoffnungen in die WM in Japan. Auch die Zukunft sieht düster aus

- Von Andreas Schirmer, Frankfurt am Main

Das schwache EM-Abschneide­n der deutschen Eiskunstlä­ufer weckt kaum Hoffnungen für die nun anstehende WM in Japan. Nach den Titelkämpf­en steht die Deutsche Eislauf-Union vor einem Neuanfang.

Für die deutschen Eiskunstlä­ufer ist die WM in Saitama zu einer »Mission Impossible« geworden. Denn ihre Auftritte bei den Europameis­terschafte­n vor zwei Monaten in Minsk haben keine Hoffnung für die an diesem Mittwoch startenden Welttitelk­ämpfe geweckt. »Wir haben eine schwache Saison hingelegt, da will ich keine Plätze vorgeben. Wenn alle in die Finals kämen, würden wir mit einem »blauen Auge« davonkomme­n«, sagte Udo Dönsdorf, Sportdirek­tor der Deutschen Eislauf-Union (DEU). »Wir müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen.«

Von Medaillen, die Paarläufer­in Aljona Sawtschenk­o mit ihren Partnern Robin Szolkowy (2007 bis 2014) und Bruno Massot zwölf Jahre lang bei WM und EM bis zum Olympiagol­d 2018 regelmäßig holte, ist derzeit überhaupt keine Rede mehr. Obwohl Sawtschenk­o und Massot einen offizielle­n Rücktritt nicht verkündet haben, wird es ein Zurück aller Voraussich­t nach nicht geben – und in naher Zukunft auch keine Anwärter auf Gold, Silber und Bronze. Die DEU steht nach der WM in Japan wohl vor einem Neuanfang.

»Wir müssen uns strukturel­l und inhaltlich neu aufstellen und die Trainingsm­ethodik auf den Kopf stellen, weil die internatio­nale Konkurrenz einfach zu stark geworden ist«, kün- digte Dönsdorf an. »Nichts ist mehr in Stein gemeißelt.« Dennoch werde es lange dauern, bis Eiskunst made in Germany wieder Weltspitze sein könne: »In vier Jahren können wir vielleicht wieder gute Platzierun­gen erreichen und in acht Jahren eventuell an Medaillen denken.«

Die besten Aussichten, bei der aktuellen WM unter die Top Ten zu kommen, hat das Berliner Paar Minerva-Fabienne Hase und Nolan Seegert, das bei der EM mit Platz sechs ein Ausrufezei­chen setzte. »Ich bin im Moment vorsichtig, von einer großen Hoffnung zu sprechen, aber die beiden haben eine gute Wettkampfs­ta- bilität«, sagte Dönsdorf. Ein Sieg in Den Haag erhöhte zuletzt die Zuversicht des Duos. »Wir wollten nach der EM in Form bleiben, das ist uns gelungen«, meinte Seegert. Als zweites Paar gehen Annika Hocke und Ruben Blommaert an den Start.

Nachdem die Reise des deutschen Meisters Paul Fentz nach Japan wegen einer Schleimbeu­telentzünd­ung im Fuß auf der Kippe stand, bestand er in der vergangene­n Woche eine Leistungsü­berprüfung und bekam grünes Licht für die WM-Teilnahme. »Die Situation ist nicht optimal, aber er wird sein großes Sportlerhe­rz einpacken und sein Bestes geben«, sagte seine Trainerin Romy Oesterreic­h. Fentz war bei der EM 2019 ebenso wie bei der WM 2018 nur 15. geworden.

Als Vorbereitu­ng kann die deutsche Meisterin Nicole Schott nach längerer Verletzung­s- und Erkrankung­spause sogar nur EM-Rang 16 vorweisen. »Ich habe die letzten Wochen gut trainiert und endlich das Gefühl, dass ich soweit bin, wie ich schon am Anfang der Saison hätte sein wollen«, sagte die WM-13. von 2018 vor dem Kurzprogra­mm am Mittwoch. Im Eistanz werden Shari Koch und Christian Nüchtern, die bei der EM mit Platz 15 einen guten Einstand gaben, ihr WM-Debüt geben.

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Foto: imago/Natalia Fedosenko Hoffnungst­räger: Minerva-Fabienne Hase (r.) und Nolan Seegert aus Berlin

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