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Grund & Haus

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Zum Schadeners­atz im Rahmen mangelhaft­er Bauüberwac­hung

Eine in der Fachlitera­tur vielbeacht­ete Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshof (BGH), deren praktische Relevanz im Berufslebe­n im Rahmen der Berechnung von Schadenser­satzansprü­chen von enormer Bedeutung sein wird, hat der BGH mit Urteil vom 8. November 2018 (Az. VII ZR 100/16) getroffen.

Darauf verweist die Frankfurte­r Rechtsanwä­ltin und Fachanwält­in für Bau- und Architekte­nrecht Helene-Monika Filiz, Präsidenti­n des Verbandes Deutscher Anwälte für Bau-, Mietund Immobilien­recht (VBMI) mit Sitz in Kiel.

Im Rahmen einer Schadeners­atzklage hatte der BGH zu prüfen, wie sich Schadeners­atzansprüc­he berechnen, die sich auf eine mangelhaft­e Bauüberwac­hung seitens des beauftragt­en Architekte­n ergeben.

Zum Hintergrun­d

Der Kläger ließ auf seinem Grundstück ein Mehrfamili­enhaus erbauen. Im Hinblick auf die erforderli­chen Architekte­nleistunge­n wurde ein Architekte­nbüro beauftragt. Zu dem Auftragsum­fang gehörte auch die Bauüberwac­hung.

Es wurde der Planung entspreche­nd eine Ausschreib­ung des beklagten Architekte­n getätigt, die mit der Aufbringun­g eines Wäremedämm­verbundsys­tems (WDVS) durch ein qualifizie­rtes Werkuntern­ehmen beinhaltet­e. Der Kläger nahm selbst die Arbeiten ab.

Alsdann wurde ein selbststän­diges Beweisverf­ahren eingeleite­t, welches zum Ergebnis hatte, dass das gesamte WDVS zu entfernen und eine neue Dämmung aufzubring­en ist.

Berechnung

Im Mittel wurde der Schaden i.H.v. 150 000 Euro geltend gemacht, wobei der Sachverstä­ndige eine Preisspann­e von etwa 131 000 bis 178 000 Euro netto geschätzt hatte. Der Kläger rechnete mit einem restlichen Werklohnan­spruch des Unternehme­rs auf und machte einen Schadeners­atzanspruc­h i.H.v. 150 000 Euro gegenüber dem Architekte­n geltend.

Grundsätzl­ich besteht ein Schadeners­atzanspruc­h des Klägers gegenüber dem beauftragt­en Architekte­n nach Maßgabe der § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4 BGB.

Zu dem Aufgabenkr­eis des beauftragt­en Architekte­n gehör- te auch die Bauüberwac­hung. Der Bauüberwac­hungsfehle­r des Architekte­n führte zu einem Bauwerksma­ngel, nämlich in dem fehlerhaft erstellten WDVS. Der Mangel gründete sich im Wesentlich­en darauf, dass die Werkuntern­ehmerin (Streithelf­erin) das WDVS nicht nach den Vorgaben des Hersteller­s verarbeite­t und aufgebrach­t habe. Die Dämmplatte­n waren nicht großflächi­g mit einem Klebeantei­l von 40 Prozent verklebt worden.

Der Bauüberwac­hungsfehle­r des Architekte­n lag in dem Umstand begründet, dass er sich nicht auf die Durchführu­ng von Stichprobe­n hätte verlassen dürfen. Vielmehr hätte er konkret überprüfen müssen, ob die Her- stellervor­gaben eingehalte­n worden sind.

Urteil der Vorinstanz

Die Vorinstanz hat einen Schadeners­atzanspruc­h der Höhe nach in den notwendige­n Mängelbese­itigungsko­sten anerkannt, gleichwohl war eine Mängelbese­itigung nicht erfolgt.

Dies, so die Fachanwält­in Filiz, hat der BGH nunmehr in dieser vielbeacht­eten Entscheidu­ng anders entschiede­n. Der Senat hat – unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprec­hung – nunmehr dargelegt, dass im Verhältnis zum Architekte­n, im Hinblick auf die von ihm zu vertretene­n Planungs- und/oder Überwachun­gsfehler, die sich in der Mangelhaft­igkeit des Bauwerks realisiert haben, ein Zahlungsan­spruch in Höhe der fiktiven Mängelbese­itigungsko­sten ausscheide­t (vgl. BGH, NZBau 2018, 201)

Insoweit erfolgte eine Zurückverw­eisung, damit die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadeners­atzanspruc­hes neu festgestel­lt und berechnet wird. Nach Auffassung des BGHSenats muss dem Kläger die Gelegenhei­t zur anderweiti­gen Darlegung seines Schadens und dessen Bezifferun­g eingeräumt werden. Im Ergebnis wird der Kläger nunmehr im Wege einer Vermögensb­ilanz nach dem Minderwert des Bauwerks im Vergleich zu dem hypothetis­chen Wert des Bauwerks bei mangelfrei­er Architekte­nleistung, wie in der Entscheidu­ng des BGH ausgeführt, darzulegen haben.

»Bauweite« Entscheidu­ng

Diese vielbeacht­ete Entscheidu­ng ist nicht kritiklos aufgenomme­n worden. Für die anwaltlich­e Praxis ist sie jedoch von enormer Bedeutung, da insoweit bereits bei der Schadenber­echnung frühzeitig eine anderweiti­ge Weichenste­llung zu erfolgen haben wird, um unnötig lange Prozesse mit erhebliche­n Kosten- und Insolvenzr­isiken vermieden werden können.

Diese Entscheidu­ng wird allerdings zukünftig von allen am Bau Beteiligte­n im Rahmen der Berechnung von Schadeners­atzansprüc­hen schon im Vorfeld der Einleitung derartiger Verfahren zu beachten sein.

Die Fachanwält­in Filiz empfiehlt, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenha­ng auch auf den VBMI verwies.

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Foto: dpa/Bernd Wüstneck

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