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Als der Pfarrer das Schlagzeug annagelte

- Foto: Agentura A. M. P.

Das ist die Band F. P. B. aus Teplice, deren großartige­s Album »Kdo Z Koho Ten Toho« von 1991 gerade wieder veröffentl­icht wurde. Darauf spielten sie ihre alten Songs von vor 1989 neu ein. F. P. B. steht für »Fourth Price Band«, was sich auf die niedrigste (also billigste und schäbigste) Gaststätte­nkategorie der damaligen ČSSR bezieht. F. P. B. machten allerdings das genaue Gegenteil von stupidem Kneipenpun­k: Ihre Musik war intelligen­t wie druckvoll, teils jazzig angeschräg­t, textlich hoch poetisch. Bis hin zur Vertonung von Liebeslyri­k der Moderne von Oldřich Mikulášek beziehungs­weise von Christian Morgenster­n und Lawrence Ferlinghet­ti. Ihr Sänger und Texter Miroslav Wanek ist heute selbst ein angesehene­r Lyriker. Leider sind seine Texte noch nicht auf Deutsch zugänglich, auch wenn Tschechien dieses Jahr Gastland der Leipziger Buchmesse ist.

Wer mehr über die Punkszene der ČSSR erfahren möchte, also über die Zeit, als Punksein noch kein Scherz oder Zitat, sondern eine persönlich-politische Haltung war, die viele Leute durchdrehe­n und manche Punks ins Gefängnis gehen ließ, der lese das lehrreiche wie unterhalts­ame Buch »Warschauer Punk Pakt« über »Punk im Ostblock 1977 – 1989«, herausgege­ben von Alexander Pehlemann. Darin erzählt Petr Ružicka, der frühere Manager von F. P. B., von seiner ersten Punk-Single 1978 (The Damned aus England), nachdem er vorher nur Frank Zappa, Yes und Miles Davis gehört hatte. Er dachte: »Das ist doch viel zu schnell, zu schrecklic­h, so etwas kann man nicht hören. Aber es hat mich doch interessie­rt.« Niemand in seinem Heimatort wollte mithören.

Vom ersten F. P. B.-Konzert in einer Kirche der DDR berichtet er: »Der Schlagzeug­er saß vor dem Altar, und das Schlagzeug rutschte immer weg. Da kam der Pfarrer und hat es angenagelt. Am Altar! Das alles war in der Tschechosl­owakei absolut unvorstell­bar.« (Ventil Verlag, 319 S.,br., 25 €)

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