Preußen-Blues
Ein Roman über die deutsch-türkische Rechte
Die deutsch-türkischen Beziehungen sind alt und spielen sich zum Großteil auf der politischen Rechten ab, unter Militaristen und Ähnlichen. Der Schriftsteller Zafer Şenocak drückt es in seinem Roman »Deutsche Schule« so aus: »Zwischen den Deutschen und den Türken gibt es weniger Freundschaft als vielmehr Ähnlichkeiten, wenn wir einmal die Waffenbrüderschaft im Weltkrieg beiseite lassen. Dieses Bündnis war unter den damaligen Bedingungen unausweichlich. Im Grunde genommen waren die Preußen und Türken ringsum von Feinden umzingelt. Beide Völker waren getrieben von einem Vernichtungswillen, der aus der Furcht rührte, selbst vernichtet zu werden.«
Die türkische Regierungspartei AKP oder die deutsche Oppositionspartei AfD könnten das nicht besser formulieren. Hier spricht aber die Romanfigur Salih Süvari, ein alternder Oberst außer Dienst, der Anfang der 1940er Jahre in Istanbul festsitzt und seine Memoiren formuliert. Einst wurde er vom osmanischen Militär nach Deutschland geschickt, um sich zum Offizier ausbilden zu lassen. Nach dem Untergang des Kaiserreichs blieb
Zafer Senocak: Deutsche Schule. Aus d. Türk. v. Helga Dagyeli-Bohne. Dagyeli Verlag, 164 S., 18 €.
er im Land, heiratete und wurde ein Unternehmer, der die Republik als »Kasperltheater« verachtet.
Die Nazis will er nicht ernst nehmen, aber etwas unheimlich sind sie ihm trotzdem. Und er ihnen ebenso. Sie beobachten ihn auch in Istanbul, wohin er 1939 zurückgekehrt ist. Auch der türkische Geheimdienst hat ihn im Blick. Da sitzt er nun desorientiert und einsam; die Ehefrau ist tot, die eine Geliebte von Geheimpolizisten umgebracht, die andere ist nach Palästina geflüchtet. Was soll er noch tun?
Süvari ist ein Konservativer wie aus dem Bilderbuch: »Ich bin ein Mann des alten Deutschlands. Ich verstehe nichts von heute«, meint er. Diese Sehnsucht nach dem »alten Deutschland« gebiert rechte Ungeheuer. Deshalb ist die Wiederveröffentlichung dieses süffisant-aufklärerischen Romans von 2012 in überarbeiteter Fassung in den Zeiten des allgemeinen Rechtsrucks sehr zu begrüßen.