nd.DerTag

Den Jazz singen

Die Autobiogra­fie von Uschi Brüning

- Georgina Müller-Weiss

Uschi Brüning, Jahrgang 1947, ist neben Ruth Hohmann, Jahrgang 1931, die wichtigste Jazzsänger­in der DDR und ihres Nachfolges­taats. Ihre Songs aus den Siebzigern nennt sie »Schlager«, doch es war genau der Soul, den in der BRD damals niemals hinbekomme­n hatte. Das gilt auch für die Lieder von Manfred Krug, mit dem Brüning oft zusammen aufgetrete­n ist.

Als Kind sang sie die Lieder von Caterina Valente und Ella Fitzgerald nach, die sie im Radio gehört hatte. Das war ihre Art von Flucht aus dem katholisch­en Kinderheim nahe Leipzig, in das sie und ihre Schwester von ihrer Mutter gesteckt worden waren. »Weil ich wegwollte aus dem Heim, zurück zu meiner Mutter, es aber nicht durfte, fand ich in mir einen Ausweg: Ich sang. Wenn ich sang, ging es mir besser«, schreibt Brüning in ihrer Autobiogra­fie »So wie ich«.

Das Buch hat sie ihrer großen Liebe gewidmet, dem Saxofonist­en Luten Petrowsky. Der hatte in den Siebzigern zusammen mit Conny Bauer, Ulrich Gumpert und Baby Sommer die Jazzszene der DDR umgekrempe­lt. Brüning und er tourten im westlichen Ausland, protestier­ten gegen die Ausbürgeru­ng von Wolf Biermann 1976 und zogen nach staatliche­m Druck ihre Unterschri­ften wieder zurück.

Doch als Manfred Krug 1977 im Zuge dieser Proteste das Land verließ, wollten sich beide nicht von ihm distanzier­en. Krug sagte dann nach dem Mauerfall zu Brüning, als sie wieder gemeinsam auftraten, es sei für ihn eine »kolossale Erlösung gewesen, eine Sängerin zu finden, die wirklich Jazzfeelin­g hat«.

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