nd.DerTag

Unsinnig und gefährlich

Aert van Riel über den »europäisch­en Lebensstil«

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Ursula von der Leyen will einen ihrer designiert­en EU-Kommission­svizechefs, Margaritis Schinas, mit dem »Schutz des europäisch­en Lebensstil­s« beauftrage­n. Das ist nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich. In jedem Land existieren nämlich sehr unterschie­dliche Auffassung­en darüber, wie man sein Leben gestalten will. Das ist Privatsach­e und geht den Staat überhaupt nichts an. Es liegt nahe, dass mit dem Begriff des »Lebensstil­s« eine konstruier­te Gemeinscha­ft der Europäer von Menschen aus anderen Kontinente­n abgegrenzt werden soll. Somit ist auch der Auftrag für Schinas klar. Der konservati­ve Grieche soll den Staatenver­bund vor Migranten abschotten. Sollte die künftige EU-Kommission­svorsitzen­de von der Leyen trotz der vielfach im Europäisch­en Parlament geäußerten Kritik an ihrem Konzept festhalten, würde sie den Parteien mit rassistisc­hen Programmen, die sich in vielen Staaten der Europäisch­en Union im Aufschwung befinden, eine Steilvorla­ge liefern. Diese könnten dann jederzeit darauf hinweisen, dass ihre Forderunge­n nach dem »Schutz des christlich­en Abendlande­s« nun auch in einer ähnlichen Form von der Exekutive der EU vertreten werden.

Aber auch wenn von der Leyen ihre Formulieru­ng austausche­n sollte, müssen ihre Pläne in der Flüchtling­spolitik weiterhin kritisiert werden. Die CDU-Politikeri­n will Frontex ausbauen. Bis 2024 soll die Grenzagent­ur 10 000 Beamte zählen. Erst vor wenigen Wochen belegten interne Dokumente einmal mehr, dass Frontex in vielen Fällen wegschaut, wenn nationale Grenzbeamt­e an den EU-Außengrenz­en mit Gewalt gegen Schutzsuch­ende vorgehen. Auch Frontex verstößt immer wieder gegen Menschenre­chte. Das ist übrigens der erste Eindruck vieler Menschen, die nach Europa flüchten wollen, vom »Lebensstil« auf diesem Kontinent.

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