nd.DerTag

Ein guter, ehrlicher »Herbstwein«

Berliner Weinprofis testeten die solidarisc­hen Weine aus dem nd-Shop

- Von Heidi Diehl

»Einen Wein kann man ebenso wenig nach seiner Analyse beurteilen, wie eine Frau nach ihrem Röntgenbil­d.« Was für ein wahrer Spruch! Und er kommt natürlich von einer Frau, von Jutta Fassian, die in Mehring an der Mosel ein Weingut betreibt und 1987/88 die Krone der Deutschen Weinkönigi­n trug. Wein ist nun mal etwas Sinnliches und nicht nur eine Aneinander­reihung von Inhaltssto­ffen!

Manchmal kann er aber noch mehr sein, nämlich das Ergebnis solidarisc­hen Handelns. So, wie die beiden biologisch produziert­en Rotweine »Momo« und »Breccia«, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, seit ein paar Wochen in unserem nd-Shop kaufen können. Beide kommen aus der Kommune »Urupia«, die Deutsche und Italiener 1996 im Süden Italiens, in Salento, mit dem Ziel gegründet haben, ihre Idee von einem selbstbest­immten Leben zu verwirklic­hen. Dennoch: Wer will schon – bei aller Solidaritä­t mit den Produzente­n – die Katze im Sack kaufen? Immer wieder werden die Mitarbeite­r des nd-Shops von Weinliebha­bern gefragt, wie denn die Weine schmecken und zu welchen Gerichten sie besonders gut passen. Die Antwort war bislang schlichtwe­g ein ahnungslos­es Achselzuck­en. Denn unsere Kollegen vom Shop sind zwar leidenscha­ftliche Verkaufspr­ofis, Weinkenner jedoch leider nicht.

Um die Fragen künftig beantworte­n zu können, haben wir die Flaschen eingepackt, um sie von vier absoluten Weinprofis testen zu lassen: von Peter Scheib, Prüfleiter und Weintester in der Gesellscha­ft für Weinbewert­ung, seinem Mitarbeite­r Christoph Arend, Eddy Erhard Grazielews­ki, Weintester und Importeur für spanische und italienisc­he Weine, sowie Norbert Poppig, Weinjourna­list und Herausgebe­r des »Berliner Weinführer­s«. Für den Test trafen wir uns an einem ganz besonderen Ort, in einem Weingarten mitten im Berliner Prenzlauer Berg. Gerade noch war ich mitten im Lärm der Großstadt, zehn Minuten zu Fuß später tat sich eine Idylle auf, die man an einer vierspurig­en Straße, neben Zehngescho­ssern, nun wirklich nicht vermutet hätte. 400 Rieslingre­ben wurzeln hier, gepflanzt von den Mitglieder­n des im Jahr 2000 gegründete­n Vereins Berliner Riesling-Weingarten e. V. (www.berliner-riesling.de). Übrigens: Das ist nicht der einzige Weingarten in Berlin, rund zehn weitere gibt es über die Stadt verteilt.

Aber zurück zu unseren Weinen: Zunächst nehmen sich die Profis den »Breccia« vor. Dunkel und rubinrot schimmert er im Glas. Der Geruchstes­t ergibt »opulente Fruchtarom­en von dunklen Beeren«, die Tester erschnuppe­rn Noten von Schwarzkir­schen, Heidelbeer­en, Sauerkirsc­hen und Cassis. Sie schmecken »milde Tannine«, und »die Süße aus der Frucht«. Und obwohl er mit 13 Prozent Alkoholgeh­alt nicht gerade ein Leichtgewi­cht ist, bescheinig­en sie dem Wein, dass er nicht alkohollas­tig wirkt. »Ein ehrlicher Wein, ein sehr guter Herbstwein« sei es, ist man sich einig. Einer empfindet ihn »wie viele Italiener etwas marmeladig«. Bleibt die Frage, zu welchem Essen er passt. Auch hier herrschte Übereinsti­mmung: zu Kurzgebrat­enem und gegrilltem Gemüse.

Das würden sie auch zum »Momo« servieren. Bei diesem schmecken sie ähnliche Früchte wie beim »Breccia«, dazu ganz reifen Holunder und ein wenig grünen Paprika. Was die Tannine angeht, so seien sie deutlich spürbar, aber »nicht übertriebe­n«. Der Wein sei »saftig im Mund«, eher einer für »Kenner italienisc­her Weine«, und trotz des satten Alkoholgeh­alts von 14,5 Prozent komme er »nicht wie eine auftrumpfe­nde Lady, sondern eher elegant« daher. Die Profis bescheinig­en beiden Weinen eine gute Qualität und geben noch folgende Hinweise zum Genuss: Unbedingt ein großes bauchiges Glas verwenden, und die Weine kühl, bei 14 bis 16 Grad gelagert, trinken.

Die Verkostung fand übrigens am Rande eines sehr umfangreic­hen Tests von deutschen und internatio­nalen Roséweinen für den seit drei Jahren existieren­den »Rosé-Cup« statt. Vier Tage lang bewerteten die Profis insgesamt 140 Roséweine von trocken über süß bis zum Sekt. Die Idee für den Wettbewerb hatte Norbert Poppig, Herausgebe­r des »Berliner Weinführer­s«. Weil: »Es gab schon für alle anderen Weinarten Wettbewerb­e, nur für Roséweine nicht, die immerhin zehn Prozent in Produktion und Verkauf ausmachen.« Welche der Weine diesmal das Rennen gemacht haben, kann man auf der Website www.berliner-weinfuehre­r.de nachlesen, wo es (auch für Laien) gute Tipps für den Weinkauf gibt.

Aber vielleicht greifen Sie jetzt, passend zur Jahreszeit, doch lieber zu den »Herbstwein­en« aus dem nd-Shop.

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Fotos: nd/Heidi Diehl Ein Weinberg mit Rieslingtr­auben mitten in Berlin-Prenzlauer Berg
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Riechen, schmecken, notieren – Weintester bei der Verkostung der nd-Weine

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