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Treffen der Kinofamili­e in Wolfen

30 Jahre Herbst 1989 – Von Mauerbau bis Mauerfall im DEFA-Film

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Immer im Herbst werden in Wolfen, der einstigen Filmstadt, wiederentd­eckte Streifen gezeigt. Thema der inzwischen 8. Wolfener Filmtage, die vom 23. bis 27. Oktober im Industrie- und Filmmuseum Wolfen laufen, ist »30 Jahre Herbst 1989«. Sieben ausgewählt­e Filme erinnern an den langen und schmerzhaf­ten Weg vom Mauerbau bis zum Mauerfall. Mit dem Kurator der Filmtage Literaturw­issenschaf­tler Paul Werner Wagner, gebürtiger Wolfener und in den siebziger Jahren selbst Produktion­smitarbeit­er der Filmfabrik, sprach Anke Ziebell.

Wer ist der Initiator der Wolfener Filmtage? Wie kam es zu der Idee?

Seit 2002 läuft im Industrie- und Filmmuseum Wolfen die Reihe »Filme wiederentd­eckt«. Die Idee für die Filmgesprä­che stammt von mir. Mir kommt es darauf an, einen differenzi­erten Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte im welthistor­ischen Kontext zu werfen. Zehn Jahre lang lag die Organisati­on in den Händen der Friedrich-Ebert-Stiftung, danach übernahm die Rosa-LuxemburgS­tiftung die Förderung. Seit 2012 gibt es jährlich Filmtage. Ein Bestandtei­l sind Schülerver­anstaltung­en für die Gymnasien in Bitterfeld und Wolfen. Jeweils eine komplette Klassenstu­fe der 10. oder 11. Klassen wird per Einführung­sseminar auf das Thema des Films vorbereite­t. Der Besuch der Schüler während der Filmwoche dient dem anschaulic­hen Geschichts­unterricht. Zwischen 600, in manchen Jahren sogar bis zu 1000 Zuschauer, kommen jedes Jahr zu den Filmtagen.

Welche Rolle spielt dabei das Industrie- und Filmmuseum Wolfen?

Das Industrie- und Filmmuseum Wolfen und dessen rühriger Fördervere­in sind Veranstalt­er vor Ort. Mit großem Engagement setzen sich die Mitarbeite­r und Vereinsmit­glieder für die Filmreihe ein und bereiten den Gästen eine angenehme Atmosphäre. In 17 Jahren ist in Wolfen eine große Kinofamili­e entstanden. Das beeindruck­t auch die Filmschaff­enden, denn sie treffen auf ein kluges Publikum, das aufmerksam zuhört. Bisher gab es 158 Filmgesprä­che im Industrie- und Filmmuseum Wolfen.

Wurden dort auch die Filmrollen für DEFA-Filme produziert?

Die Produktion in der Filmfabrik Wolfen lief 1910 an. Hier wurde über 80 Jahre lang Filmmateri­al für Kinoproduk­tionen mit den Markenname­n Agfa und ORWO hergestell­t. Wolfen war auch die Wiege des Farbfilms.

Die Filmtage stehen immer unter einem bestimmten Thema. In diesem Jahr ist es »30 Jahre Herbst 1989«. Welche Filme haben Sie in diesem Kontext ausgewählt? Fiel Ihnen die Auswahl schwer?

Die 8. Wolfener Filmtage erinnern an den langen schmerzhaf­ten Weg von Mauerbau bis Mauerfall. Der filmische Rückblick erzählt von der Geschichte der deutsch-deutschen Teilung im Kalten Krieg bis zum Fall der Mauer. Die Auswahl bietet dem Zuschauer die Chance, Filme und deren Geschichte­n neu zu sehen. In den bisherigen sieben Filmtagen ist das meist gelungen.

Nicht nur bekannte und unbekannte DEFA-Streifen werden gezeigt, auch Mitwirkend­e der Filme stehen als Gesprächsp­artner Rede und Antwort. Wer wird alles erwartet? Auf wen freuen Sie sich besonders?

In diesem Jahr haben wir Armin MuellerSta­hl mit zwei Filmen nach Wolfen eingeladen. Der Spielfilm »und deine Liebe auch« in der Regie von Frank Vogel spielt ein Jahr nach dem Mauerbau und ist der Versuch einer Legitimati­on. »Die Flucht« von Roland Gräf war der erste DEFA-Film, der das Tabuthema Republikfl­ucht in den Mittelpunk­t stellt. Es war Armin MuellerSta­hls letzter Film, bevor er die DDR in Richtung Westen verließ. Wegen möglicher anstehende­r Termine in den USA haben wir bisher noch keine feste Zusage. Wir hoffen aber, dass es klappt. Als Gesprächsp­artner haben fest zugesagt: der Vorstand der DEFA-Stiftung Ralf Schenk, die Schauspiel­erin Dietlinde Greiff, die Regisseure Peter Kahane und Andreas Voigt, der Drehbuchau­tor Eberhard Görner, und die Filmhistor­iker Detlev Kannapin und René Pikarski.

Was erwartet die Besucher der Filmtage noch im ifm - außer gute DEFA-Filme?

Es gibt interessan­te DEFA-Filme, ein tolles Publikum, gute Gespräche und das Vorführen von Originalko­pien auf TK 35Filmproj­ektoren wie einst beim Landfilm in der DDR. Eine Museumsbes­ichtigung lohnt sich auf jeden Fall. Ja, die einstige Filmstadt ist eine Reise wert!

 ?? Foto: DEFA-Stiftung/Sauer ?? Szene aus dem DEFA-Film »Die Architekte­n« von 1990
Foto: DEFA-Stiftung/Sauer Szene aus dem DEFA-Film »Die Architekte­n« von 1990
 ?? Foto: DEFA-Stiftung/Sauer ?? »Der Kinnhaken« mit Manfred Krug, der auch das Drehbuch schrieb
Foto: DEFA-Stiftung/Sauer »Der Kinnhaken« mit Manfred Krug, der auch das Drehbuch schrieb

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