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Velten Schäfer liebt leichte Ratespiele

Velten Schäfer schreibt die Weltkultur­geschichte neu

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Statt schwerer Gedanken heute ein leichtes Ratespiel: »Halb analphabet­isch« – wer hat’s gesagt über jene epochale britische Band, die heuer vor 50 Jahren zerfallen ist? Walter Ulbricht oder Theodor W. Adorno?

Die Antwort ist natürlich nicht einfach »a« oder »b«. Sondern vielmehr: eigentlich ja durchaus beide, tatsächlic­h aber weder noch! Will sagen, dass sich die der deutschen Nachwelt bis heute bei weitem bekanntest­en Popmusikkr­itiker des 20. Jahrhunder­ts im Grunde zwar ganz einig darüber waren, was man von diesen »Beatles«, ihrem Gehabe sowie ihren kreischend­en »Fans« zu halten habe: toxischer Kulturmüll aus der Vorhölle des Spätkapita­lismus! »Zurückgebl­iebenes« stieß dem einen auf, wo der andere das jammernde Geklampfe als »monoton« degoutiert­e – wobei die Feinzuordn­ung, bitteschön, selbst zu ergoogeln ist.

»Halb analphabet­isch« aber, müssen wir festhalten, das hat eine dritte Geistesgrö­ße gesagt. Diese heißt Olavo de Carvalho. Auch dieser brasiliani­sche Philosoph beruft sich gelegentli­ch auf Goethe. Damit aber ist die Einigkeit der drei Beatleskri­tiker am Ende. Denn mit Adorno will Carvalho nicht nur nichts zu tun haben, sondern er hat ihn jüngst messerscha­rf entlarvt: Adorno verachtete die Pilzkopfco­mbo nämlich nur zum Schein. Tatsächlic­h aber war er selbst der fünfte, wenn nicht sechste Beatle! Seinen Popkulturp­essimismus hat Adorno nicht nur theoretisc­h formuliert, sondern hinter den Kulissen auch emsig praktizier­t: als heimlicher Songschrei­ber der Fab Four nämlich – mit dem offenkundi­gen Ziel, die Freie Welt sturmreif zu säuseln für die Weltherrsc­haft des Kulturmarx­ismus.

Das ist freilich eine Enthüllung, die so einiges an der Weltgeschi­chte des 20. Jahrhunder­ts in neuem Licht erscheinen lässt. Und doch bleibt vieles unklar: Waren nämlich die Beatles Adorno, wer war dann Walter Ulbricht? Die ganze Wahrheit, die selbst der unerschroc­kene Carvalho noch scheut, frisch aus dem hauseigene­n SED-Supergehei­marchiv: gleichfall­s Adorno! Das erklärt jenen seltsamen Gleichklan­g zwischen dem Gott und dem Gottseibei­uns des wohlgereif­ten westdeutsc­hen Kultursnob­ismus: Die beiden waren in Wirklichke­it ein und dieselbe Person. Wurden sie etwa jemals zusammen fotografie­rt? Was so ein falscher Spitzbart doch bewirken kann! Teilen Sie das! Quelle: Internet! Seien Sie vorn an der Nachrichte­nfront! Der Herr Carvalho wurde auch schon angetwitte­rt.

Zur Bekräftigu­ng noch ein zweites kleines Quiz: Was ist wahrschein­licher: Das gerade Erläuterte – oder die Behauptung, jener Olavo de Carvalho sei engster Berater des Präsidente­n eines südamerika­nischen G20-Staates? Quod erat demonstran­dum.

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