Queens Speech
Ich glaub, ich bin im falschen Film. Schreiben wir das Jahr 2019, oder 1558? Was für ein Mummenschanz in Westminister am Montag dieser Woche. Elisabeth II. verlas die Regierungserklärung von Boris Johnson. Während dieser wie ein Schulbub aufgeregt auf seiner Bank hin- und herrutschte, sich diebisch freute und nach rechts wie links schielend anerkennende Blicke zu erheischen suchte, war die Queen ganz offensichtlich not amused, des Premiers Pamphlet verlesen zu müssen. Warum aber tut Themse-Liesel sich das an? Warum lassen die Briten noch heute solch peinliches Spektakel über sich ergehen? Für die sogar Kinder missbraucht werden: unschuldige Knaben, in knallrote Pagenuniformen gepresst, die dressiert wie kleine Äffchen die meterlange Schleppe der Königin tragen mussten. Und all die stocksteifen Höflinge, die eitlen Gecken gleich in den Saal stolzierten, in den man zuvor eine Herde von Parlamentariern getrieben hatte. Ehebrecherin Camilla kam auch, sichtlich bemüht, ihrem plissierten Gesicht einen würdevollen Ausdruck zu verleihen. Und dann diese beiden: Mother & Son, mit maskenhafter Mimik. Die 93-jährige Monarchin trug schwer an ihren dicken Klunkern um den Hals, und beim Anblick des ewigen Prinzen Charles mit viel Blech an der Brust und hochgeschlossenem steifen Kragen bangte man, er könne jeden Moment einen grausigen Erstickungstod erleiden. Und dennoch verspritzten die beiden majestätische Arroganz, wie es das Protokoll verlangt. Unberührbare eben. Wirklich? Don’t touch? Gern wäre ich im House of Lords dabei gewesen. Ich hätte mich ganz klein gemacht und heimlich, tippel, tappel, an die Royals herangeschlichen – und hätte sie angestupst. Ob sie zu Staub zerfallen wären wie Mumien?