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Nicht nur Alte gefährdet

Betroffene gründen in Coronazeit­en das Netzwerk Risikogrup­pe.

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Benjamin Maier hat sich mit der Verbreitun­g der Coronainfe­ktion wissenscha­ftlich beschäftig­t. Der Physiker am Robert-Koch-Institut forscht zu infektiöse­n Ausbreitun­gsprozesse­n und nutzt dabei hauptsächl­ich Methoden der Netzwerkth­eorie und statistisc­her Physik. Menschen, die gegen die Epidemie ankämpfen wollen, indem sie etwas tun und anderen Menschen helfen wollen, ermutigt er. Doch zugleich warnt er im Gespräch mit »neues deutschlan­d« davor, einfach so »drauflos zu helfen«. Grund dafür sei, dass man sich dabei stärker »durchmisch­t« als sonst, andere Wege zurücklegt und in kurzer Zeit viele Menschen trifft, die man sonst nicht gesehen hätte. »Das führt zu einem starken Anstieg an Kontakten und so zu einem höheren Risiko für die Allgemeinh­eit.«

Maier, der auch die Ausbreitun­g des Virus SARS-CoV-2 in China verfolgte, erläutert: Das Besondere an Corona sei, dass vor allem Kinder und junge Menschen zwar infiziert sein können, aber zum Teil nur schwache bis gar keine Symptome zeigen. Trotzdem seien sie dann aber infektiös. Wer jetzt so vielen Menschen wie möglich helfen wolle, dem könne es passieren, dass er sich »bei Familie A das Virus holt, es bei Familie B und Familie C lässt und es abends beim Einkaufen für ältere Menschen erstens im Supermarkt verbreitet oder zweitens auf eben jene älteren Menschen überträgt«.

Deshalb schlägt Maier vor: Wer helfen wolle und sich gesund fühle, mit niemandem Kontakt hatte, der krank war, solle sich einen konkreten Haushalt suchen, um zu helfen. Im besten Fall sei dies ein Nachbarhau­shalt. Erstens müsse man sich dann nicht durch die Stadt bewegen, was Durchmisch­ung eindämme. Zweitens sorge man so dafür, effektiver Teil dieses Haushaltes zu werden. Maier: »In China haben wir gesehen, dass die meisten Übertragun­gen innerhalb von Haushalten stattfande­n.« Sollte es also passieren, dass der Haushalt, dem man helfe, infiziert wird, sei es wahrschein­lich, dass auch Helfer oder Helferin infiziert werde. Wenn man aber außer diesem Haushalt sonst niemanden treffe, sei man selbst der Endpunkt einer Infektions­kette. Wichtig sei, die Menschen nicht anzustecke­n, denen man helfe. Dafür müssten die Kontakte mit anderen so gering wie möglich gehalten werden. »Das heißt, keine Kochabende oder Treffen mit Freunden oder dergleiche­n.«

 ?? Foto: Privat ?? Benjamin Maier ist Physiker. Am Robert Koch-Institut forscht er zu infektiöse­n Ausbreitun­gsprozesse­n, hauptsächl­ich mit Methoden der Netzwerkth­eorie und statistisc­her Physik.
Foto: Privat Benjamin Maier ist Physiker. Am Robert Koch-Institut forscht er zu infektiöse­n Ausbreitun­gsprozesse­n, hauptsächl­ich mit Methoden der Netzwerkth­eorie und statistisc­her Physik.

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