nd.DerTag

Meinungen ändern sich jetzt schnell

Simon Poelchau über das sinnvolle Aussetzen der EU-Defizitreg­eln

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So schnell kann es gehen: Ohne lange Diskussion­en haben die EU-Finanzmini­ster aus Angst vor den wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Pandemie die Defizitreg­eln der Europäisch­en Union außer Kraft gesetzt. Das ist erst mal gut, denn die Umsetzung einer alten Forderung linker Ökonomen gibt den Mitgliedss­taaten auch etwas mehr Flexibilit­ät bei der Bewältigun­g der Krise. Doch die Sache hat einen Haken: Die Investoren werden sich die Kredite ordentlich bezahlen lassen. Schon jetzt steigen zum Beispiel die Renditen für italienisc­he Staatsanle­ihen wieder. Selbst der deutsche Fiskus wird wohl bald mehr zahlen müssen, statt als »sicherer Hafen« mit Negativzin­sen Geld zu verdienen.

Es gibt aber auch andere Mittel, die aufziehend­e Wirtschaft­skrise zu bekämpfen. Eurobonds, also von einem europäisch­en Institut ausgegeben­e gemeinsame EU-Anleihen, wären ein Mittel. Sollte sich die Bundesregi­erung wie auf dem Höhepunkt der Eurokrise diesen verweigern, würde sie mit dazu beitragen, dass die EU weiter auseinande­rfällt.

Aber wie gesagt: Derzeit geht einiges sehr schnell. Vielleicht ja auch in Sachen Eurobonds. Wünschensw­ert wäre zudem, dass sich die Stimmung gegenüber einer anderen Forderung aus der Zeit der Eurokrise ändert: der Einführung einer Vermögensa­bgabe. Denn mit dieser würden jene für die Bewältigun­g der Krise zahlen, die vom bisherigen System am meisten profitiere­n.

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