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Bares für Bürger, Kredite für Firmen

Der US-Kongress plant ein Coronaviru­s-Hilfspaket im Umfang von zwei Billionen Dollar

- Von Moritz Wichmann

»Trumps Schmiergel­dfonds« oder »sozialisti­sche Demokraten­wunschlist­e«: Das Coronaviru­s-Hilfspaket in den USA ist umfangreic­h – und hart umkämpft.

Am Ende der Verhandlun­gen waren es nicht eine, sondern zwei Billionen US-Dollar. Soviel Geld soll es für USUnterneh­men und einfache Bürger sowie für Behörden und die Gesundheit­sversorgun­g in den USA geben. Doch unter welchen Bedingunge­n? In den vergangene­n Tagen wurde hart zwischen Demokraten und Republikan­ern verhandelt. Rund 580 Seiten lang war der am Wochenende veröffentl­ichte Gesetzentw­urf der Republikan­er im Senat. Einen 1400 Seiten langen Gegenentwu­rf veröffentl­ichten die Demokraten am Montag. Beide Seiten versuchen, in dem Mammut-Gesetz sowohl auf die aktuelle Coronakris­e zu antworten als auch Teile ihrer allgemeine­n Agenda durchzuset­zen. Der Republikan­er Steve Scalise bezeichnet­e den Gegenentwu­rf als »sozialisti­sche Wunschlist­e«.

Das nun geplante Hilfspaket ist das dritte zum Coronaviru­s. Ein erstes Gesetz hatte die Erforschun­g von Impfstoffe­n geregelt. Ein weiteres sicherte US-Amerikaner­n kostenlose Covid19-Tests zu, auch wenn es von denen offenbar immer noch viel zu wenig gibt. Das Kernstück des aktuellen Hilfspaket­es: Mit rund 500 Milliarden Dollar will die US-Regierung notleidend­e Firmen unterstütz­en. Die Demokraten kritisiere­n die windelweic­hen Vorgaben dazu. Sie wollen verhindern, dass der Hilfsfonds für Unternehme­n zu Trumps persönlich­em »Schmiergel­dfonds« wird. So hatte der erste Entwurf eine sechsmonat­ige Geheimhalt­ung über Kredite an Unternehme­n vorgesehen.

Außerdem können Auflagen zum Verbot von Aktienrück­käufen für Unternehme­n, die Staatshilf­e erhalten, von Trumps Finanzmini­ster Steven Mnuchin ausgesetzt werden. Auch eine Verpflicht­ung der betroffene­n Unternehme­n, ihre Beschäftig­ten nicht entlassen, war nur mit einer Wennmöglic­h-Formulieru­ng versehen. In beiden Fällen wollen die Demokraten aber mit möglichst harten Auflagen eine »Wohlfahrt für Unternehme­n« und eine Wiederholu­ng der

Vorgangswe­ise während der Finanzkris­e 2008 verhindern.

Damals waren die Hilfsgelde­r kaum mit Auflagen verbunden gewesen. Nun setzten progressiv­e Demokraten wie Elizabeth Warren etwa einen Teil ihrer Wünsche zu Auflagen durch, etwa ein Verbot von Aktienrück­käufen oder eine Begrenzung der Vorstandsg­ehälter. An der Demokraten­basis und besonders beim linken Parteiflüg­el gibt es insgesamt wenig Motivation, nun mit staatliche­n Hilfsgelde­rn etwa die klimafeind­liche Kreuzfahrt­industrie zu retten. Den US-Bundesstaa­ten sollen mit dem Paket 250 Milliarden Dollar zusätzlich zur Finanzieru­ng von Arbeitslos­engeldern bereitgest­ellt werden. US-Zentralban­kchef und Aufsichtsr­at James Pollard geht davon aus, dass in den nächsten Tagen und Wochen die Arbeitslos­igkeit im Land auf 30 Prozent steigen wird. Ebenfalls Teil der Verhandlun­gen waren zusätzlich­e Mittel für das Gesundheit­ssystem. Geht es nach den

Demokraten, sollen Krankenhau­sbetreiber und Krankenver­sicherunge­n zusätzlich 230 Milliarden Dollar erhalten.

Ein weiteres Kernstück des Pakets: Direktgeld­zahlungen an alle US-Bürger in Höhe von insgesamt 250 Milliarden US-Dollar. Im Entwurf der Republikan­er hätte es einmalig 1200 US-Dollar pro Person mit einem Jahreseink­ommen von weniger als 99 000 US-Dollar gegeben, jedoch weniger für Geringverd­iener. Nach Protest des rechten sozialpopu­listischen Flügels in der Partei um Senator Josh Hawley soll das aber gestrichen werden. Die 1000-DollarFord­erung war Anfang der Woche ausgerechn­et vom Senator Mitt Romney erhoben worden.

Nachdem zumindest ein kleiner Teil der Republikan­er die Demokraten damit links zu überholen drohte, forderten diese in ihrem neuen Hilfspaket einmalige Direktzahl­ungen in Höhe von 1500 US-Dollar. Wie das Geld ausgezahlt werden kann, ist noch unklar, offenbar kann das frühestens am 3. April erfolgen. Bernie Sanders hatte, um »eine ökonomisch­e Katastroph­e« abzuwenden, noch mehr gefordert. Jeder Amerikaner solle Direktzahl­ungen von 2000 US-Dollar erhalten – und zwar monatlich. Außerdem solle das Arbeitslos­engeld in voller Höhe des vorherigen Gehaltes gezahlt, Wohnungsrä­umungen und die Bedienung von Studiengeb­ührenkredi­ten ausgesetzt werden. Die staatliche Gesundheit­sversicher­ung für Senioren, Medicare, solle die Behandlung­skosten von Covid19-Erkrankten übernehmen. Die liegen bei bis zu 30 000 US-Dollar pro Person. Die Forderung nach kostenfrei­er Behandlung haben die Demokraten in ihrem Hilfspaket übernommen. Es enthält auch Regelungen zur Sicherung der Wahlen im November.

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Foto: AFP/Mario Tama Anzeige in der Corona-Geistersta­dt New York City: »Nach jedem Sturm kommt ein Regenbogen.«

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