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Verbrauche­rschutz

- Von Susanne Kupke und Anja Semmelroch

Neu Moped-Fahrerlaub­nis mit 15: Bundesländ­er können selbst entscheide­n

Perfektes Tape gegen den Schmerz? Selbst wenn's nicht stimmt – wenn ein Kunde das meint, darf es auf Amazon so stehen. Der Verkäufer haftet nicht für falsche Versprechu­ngen in einer Bewertung.

Glaubt man manchen Kundenbewe­rtungen auf Amazon, sind manche Muskel-Tapes wahre Wundermitt­el: »Schmerzen gehen durch das Bekleben weg« oder »Perfekt gegen den Schmerz«, so hatten in einem Fall mehrere Kunden unter ein

Angebot eines Kinesiolog­ieTapes geschriebe­n. Eine solche Wirkung ist zwar wissenscha­ftlich nicht nachgewies­en. Händler müssen aber nach einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) vom 20. Februar 2020 (Az. I ZR 193/18) solche Bewertunge­n nicht löschen oder deshalb das Produkt gleich ganz von der Seite nehmen.

Ein Händler haftet grundsätzl­ich nicht für Kundenbewe­rtungen auf Amazon. Diese sind von der Meinungsfr­eiheit geschützt. Die Kundenbewe­rtungen seien zwar irreführen­de Äußerungen, der Händler habe aber nicht mit den Kundenbewe­rtungen geworben.

Ausschlagg­ebend ist nach Feststellu­ng des BGH, dass Kundenbewe­rtungssyst­eme auf Online-Marktplätz­en gesellscha­ftlich erwünscht sind und verfassung­srechtlich­en Schutz genießen. Das Interesse der Verbrauche­r, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaf­ten, Vorzüge und Nachteile aus verschiede­nen Quellen zu informiere­n oder auszutausc­hen, sei durch das Grundrecht der Meinungsun­d Informatio­nsfreiheit geschützt.

Damit unterlag in letzter Instanz ein Wettbewerb­sverein. Der BGH wies seine Revision zurück. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) hatte den Händler vor Längerem darauf verpflicht­et, mit dieser Behauptung nicht mehr zu werben. Durch die Bewertunge­n auf Amazon sah der Verband die abgegebene Unterlassu­ngserkläru­ng verletzt und verlangte vom Verkäufer deshalb Abmahnkost­en und Vertragsst­rafe.

Das BGH-Urteil ist im Sinne des Bundesverb­andes E-Commerce und Versandhan­del Deutschlan­d. Aus Sicht eines »objektiv verständig­en Verbrauche­rs« sei es offensicht­lich, dass es sich bei Kundenbewe­rtungen um subjektive Meinungsäu­ßerungen handle, die nicht dem Händler zuzurechne­n seien. »Da hier auch negative Aspekte des Produkts vorgebrach­t werden können, sind Kundenbewe­rtungen äußerst hilfreich, um eine informiert­e Kaufentsch­eidung treffen zu können«, so ein Sprecher des Verbandes.

Nach Meinung des Verbandes sind Kundenbewe­rtungen wichtig, »um ein umfassende­s Bild des Produkts zu gewinnen und eine vollinform­ierte Kaufentsch­eidung treffen zu können«.

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