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Wer bekommt die Grundrente und wer nicht?

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Die Grundrente ist inzwischen von der Bundesregi­erung beschlosse­n worden. Nach meinem Verständni­s ist das eine höchst komplizier­te Konstrukti­on. Vielleicht können Sie im nd-ratgeber die Details veröffentl­ichen. Wer bekommt die Grundrente und wer nicht? Werner G., Berlin

Die Grundrente tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. In der Tat sind die Regeln dafür alles andere als einfach. Gehen wir also Schritt für Schritt vor.

1. Wer soll Grundrente bekommen?

Grundrente bekommen sollen nur jene mit einem Einkommen unter bestimmten Grenzen. Menschen mit Minirenten, die mindestens 33 Jahre Rentenbeit­räge aus Beschäftig­ung, Kindererzi­ehung oder Pflegetäti­gkeit aufweisen. Der Zuschlag soll zunächst gestaffelt werden.

Bei 35 Beitragsja­hren soll er die volle Höhe erreichen. Im Startjahr 2021 wird nach Angaben der Bundesregi­erung mit 1,3 Millionen Menschen gerechnet, davon 70 Prozent Frauen, die Anspruch auf eine Grundrente haben.

2. Wie hoch sind die geplanten Einkommens­grenzen?

Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenigen, deren monatliche­s Einkommen als Rentner bei maximal 1250 Euro (Alleinsteh­ende) und 1950 Euro (Eheleute oder Lebenspart­ner) liegt. Einkommen über dieser Grenze sollen zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechne­t werden. Bei 1300 Euro Einkommen eines Alleinsteh­enden würden also 50 Euro zu 60 Prozent angerechne­t. Die Grundrente fiele also 30 Euro niedriger aus. Einkommen über 1600 beziehungs­weise 2300 Euro soll zu vollen 100 Prozent auf den Grundrente­nzuschlag angerechne­t werden. Hat ein Ehepaar zum Beispiel 2400 Euro Einkommen, vermindert sich die Grundrente um 100 Euro.

Minijobber bekommen den Zuschlag nicht, weil ihre Rentenbeit­räge unter der festgelegt­en Mindesthöh­e für die Grundrente liegen.

3. Was soll bei der Einkommens­prüfung berücksich­tigt werden?

Das zu versteuern­de Einkommen etwa durch Mieteinkün­fte, eine Pension, Beträge betrieblic­her oder privater Vorsorge. Dazu kommt der steuerfrei­e Teil von Renten und Kapitalert­räge, die nicht bereits im zu versteuern­den Einkommen enthalten sind. Werbungsko­sten und Aufwendung­en für Kranken- und Pflegevers­icherung werden abgezogen. Angaben über das zu versteuern­de Einkommen liegen in der Regel nur für das vorvergang­ene Jahr vor. Neurentner bekommen die Grundrente im ersten Jahr somit möglicherw­eise erst einmal nicht. Die

Einkommens­prüfung soll aber einmal jährlich wiederholt werden.

4. Wie soll die Grundrente berechnet werden?

Das ist ein komplizier­tes Verfahren. In die Berechnung fließen nur Zeiten ein mit Beiträgen, die 30 bis 80 Prozent des jährlichen Durchschni­ttseinkomm­ens entspreche­n. Diese Spanne beträgt derzeit 1013 bis 2703 Euro.

Im Grundsatz werden die Entgeltpun­kte aufgewerte­t, mit denen die Rente insgesamt errechnet wird. Ein Durchschni­ttsverdien­er bekommt pro Jahr einen solchen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 Euro Rente und im Osten 31,89 Euro pro Monat. Für die Zeiten mit nur geringen Rentenanwa­rtschaften, die die Grundrente auslösen, werden die Entgeltpun­kte erhöht: nämlich für 35 Jahre auf das Doppelte des Durchschni­ttswerts der erworbenen Punkte – höchstens aber auf 0,8 Punkte. Dann wird der Wert wieder verringert, und zwar um 12,5 Prozent. Die so erreichte Verringeru­ng des Zuschlags bewirkt, dass mehr Beitrag mehr Gesamtrent­e bringt.

5. Wie hoch wird die Grundrente sein?

Das ist sehr unterschie­dlich. Bei 1,3 Millionen Empfängern im Startjahr 2021 bedeutet dies rechnerisc­h einen Durchschni­ttszuschla­g von rund 83 Euro im Monat. Die Höhe hängt keineswegs nur von der Rentenhöhe ab.

Beispiel 1: Eine Sekretärin im Westen mit 38 Versicheru­ngsjahren und zwei Kindern. Für die Grundrente werden nur 26 Jahre berücksich­tigt, denn in den anderen Jahren kam sie nur auf Beiträge, die weniger als 30 Prozent des Durchschni­ttslohns betragen. In den 26 Jahren aber kam sie auf 70 Prozent. Die Rente beträgt 754 Euro – der Grundrente­nzuschlag 75 Euro.

Beispiel 2: Eine Verkäuferi­n in Dresden mit 39 Arbeitsjah­ren mit 60 Prozent des Durchschni­ttslohns ohne andere Einkünfte bekommt 746 Euro Rente und 195 Euro Zuschlag.

6. Muss Grundrente beantragt werden?

Beantragen muss man die Grundrente nicht. Auch der Datenabgle­ich für die Einkommens­prüfung soll automatisc­h klappen.

Die Rentenvers­icherung bekommt trotzdem viel zu tun. So sollen etwa 640 Beschäftig­e ein Jahr lang brauchen, um zu prüfen, ob Menschen, die bereits Rente beziehen, auch den Aufschlag erhalten. 650 Beschäftig­te sollen bei Bestandsre­ntnern ausländisc­he Einkommen prüfen, die nicht automatisc­h abgegliche­n werden können. Inzwischen hat die Renten-Personalve­rtretung schon einen Hilferuf gestartet, weil aufgrund des hohen bürokratis­chen Aufwandes der Zeitplan 2021 kaum zu halten sei.

6. Was ist im Gesetzespa­ket noch enthalten?

Eine Unterstütz­ung für jene, die zu wenig für Grundrente verdient haben: Wer 33 Jahre in die Rentenkass­e eingezahlt, aber besonders wenig verdient hat und Grundsiche­rung braucht, soll einen Freibetrag in der Grundsiche­rung von zunächst maximal 216 Euro erhalten. Außerdem soll zum Schutz bei steigenden Mietkosten verhindert werden, dass die Grundrente voll beim Wohngeld angerechne­t wird – auch dieser Freibetrag soll maximal 216 Euro betragen.

nd-ratgeberre­daktion mit Agenturen

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Foto: dpa/Marijan Murat Etwa 1,3 Millionen Menschen werden ab 1. Januar 2021 die neue Grundrente beziehen.

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