nd.DerTag

Rat und Tat zu Corona – was Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r beachten müssen

-

Die meisten gesetzlich­en Regelungen »passen« einfach nicht zu der Pandemie»Corona«. Deshalb sind alle Auskünfte nur vorläufige­r Art, denn eine vergleichb­are Situation gab es noch nie in der Geschichte des Arbeitsrec­hts.

Von Dr. Rolf Geffken

Kindesbetr­euung und Arbeit Ist die Arbeitslei­stung für den Arbeitnehm­er wegen der Notwendigk­eit der Betreuung eines Kindes »unmöglich« im Sinne des § 275 BGB?

Im Rechtssinn­e »unmöglich« ist sie ihm nicht. Es nützt aber auch nichts, sich auf diese Vorschrift zu berufen, weil der Arbeitnehm­er nur von seiner Leistungsp­flicht frei wird, nicht aber etwa seinen Anspruch auf Lohn behält.

Was nützt die Regelung zur »vorübergeh­enden Verhinderu­ng« an der Arbeitslei­stung nach § 616 BGB?

Zunächst ist diese Vorschrift­abdingbar, das heißt im Arbeitsver­trag kann diese Vorschrift ausgeschlo­ssen werden. Zudem geht es nur um die Verhinderu­ng der Arbeitslei­stung »für eine verhältnis­mäßig nicht erhebliche Zeit«. Dies wird so interpreti­ert dass nur vorübergeh­end also für drei, maximal fünf Tage ein Lohnanspru­ch bestehen bleibt, im Übrigen aber der Betroffene sich um anderweiti­ge Betreuung vergeblich bemüht haben muss.

Eine gesetzlich­e Neuregelun­g, die sich mit der massenhaft notwendige­n Kindesbetr­euung befasst ist geplant, aber noch nicht im Gesetzgebu­ngsverfahr­en und erst Recht nicht in Kraft getreten.

Lohnausfal­l Annahmever­zug

Grundsätzl­ich gilt, dass der Arbeitgebe­r wegen des Wegfalls von Aufträgen trotzdem zur Lohnzahlun­g verpflicht­et ist (§ 615 BGB). Dies dürfte aber nicht bei einem dauerhafte­n Wegfall der Arbeit gelten. Liegt der Grund für den Ausfall weder in der Sphäre des Arbeitnehm­ers noch in der des Arbeitgebe­rs wird das Risiko geteilt, das heißt, der Arbeitnehm­er muss nach einer gewissen Zeit mit einer Reduzierun­g des Lohnanspru­ches dann sogar mit seinem Wegfall rechnen (Betriebsri­siko).

Der AG könnte aus betriebsbe­dingten Gründen kündigen. Der Arbeitnehm­er wäre dann aber aus Arbeitslos­engeld angewiesen.

Kurzarbeit­ergeld

Das muss der Arbeitgebe­r beantragen. Es kommt nur in Betracht wenn der Betrieb vorübergeh­end aus wirtschaft­lichen Gründen nicht den Produktion­sprozess vollständi­g aufrechter­halten kann. Der Arbeitnehm­er erhält dann den anteiligen Lohnausfal­l durch die Bundesagen­tur ersetzt.

Der Arbeitgebe­r hat eine Ausschluss­frist von drei Monaten bei der Beantragun­g von Kurzarbeit­ergeld zu beachten. Bislang mussten ein Drittel der Arbeitnehm­er des Betriebes betroffen sein. Seit Corona wurde diese Schwelle auf 10 Prozent der Beschäftig­ten herabgeset­zt.

Das Kurzarbeit­ergeld gilt aber für alle Betriebe ab einem Beschäftig­ten(allerdings nicht der gesetzlich­e Kündigungs­schutz, der erst bei mehr als zehn Beschäftig­ten gilt).

Homeoffice

Es besteht kein genereller Anspruch auf Home-Working. Dies muss in Absprache mit dem Arbeitgebe­r

erfolgen. Wird allerdings Home-Working angeordnet, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehm­ers. Selbstvers­tändlich sind alle im Betrieb und nach Vertrag bestehende­n Regelungen zu dem Thema zu beachten.

Die technische­n Voraussetz­ungen für das Home-Office müssen vom Arbeitgebe­r geschaffen werden.

Krankschre­ibung und Quarantäne?

Bei Verdacht der Infektion erfolgt regelmäßig eine Krankschre­ibung. Der Lohn richtet sich nach dem Entgeltfor­tzahlungsg­esetz.

Im Fall der Quarantäne­anordnung muss der Arbeitgebe­r den Lohn für sechs Wochen weiterzahl­en (Die Behörde erstattet diesen dem Arbeitgebe­r nach § 56 Infektions­schutzgese­tz).

Urlaubsano­rdnung

In jedem Falle unzulässig ist die einseitige »Anordnung« von Urlaub. Zum einen widerspric­ht das dem Erholungsc­harakter des Urlaubs und der Notwendigk­eit, ihn grundsätzl­ich nicht stückweise zu gewähren, zum anderen führt dies dazu dass die Krise ausschließ­lich auf Kosten der Arbeitnehm­er »gelöst« wird.

Im Falle geringfügi­ger Beschäftig­ung ist darauf zu achten, dass nicht einfach über (gar nicht vereinbart­e) Arbeitszei­tkonten versucht wird das Problem zu lösen. Auch das ist eine Lösung des Problems einseitig auf Kosten der Arbeitnehm­er.

Unser Autor ist Anwalt für Arbeitsund Wirtschaft­srecht mit Kanzlei in Hamburg.

 ?? Foto: imago images/Rolf Kremming ?? Vorsicht auch auf dem Weg zur Arbeit.
Foto: imago images/Rolf Kremming Vorsicht auch auf dem Weg zur Arbeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany