nd.DerTag

Rentenidee: Mehr Geld von Kinderlose­n

Unionsabge­ordnete wollen Lebensarbe­itszeit strecken

- Von Uwe Kalbe Mit Agenturen

Jüngere Bundestags­abgeordnet­e der Union preschen immer wieder gern mit Vorschläge­n in die Öffentlich­keit, älteren Semestern vermeintli­che Privilegie­n zu beschneide­n. Unter dem Logo »Generation­engerechti­gkeit« machte manch späterer Prominente auf diese Weise früh auf sich aufmerksam. Auch heute hat die sogenannte Junge Gruppe in der Unionsfrak­tion hierzu Ideen. Sie denkt an einen höheren Rentenbeit­rag für Kinderlose. Menschen ohne Kinder sollten künftig »einen Beitragszu­schlag in Höhe von einem Prozent« in die Rentenkass­e einzahlen, so heißt es in einem Papier, aus dem die »Welt« am Montag zitierte. Kinderreic­he Familien leisteten bereits »einen erhebliche­n Beitrag zum umlagefina­nzierten Rentensyst­em«, sagte der Vorsitzend­e der Gruppe, Mark Hauptmann (CDU), der Zeitung. »Das tun Kinderlose eben nicht.«

Paare mit zwei Kindern zahlten nach Vorstellun­g der Abgeordnet­en künftig den normalen Beitragssa­tz, ab drei Kindern erhielte jeder Elternteil einen Abschlag von 0,5 Prozent. Was auf den ersten Blick beinahe sozial klingt – bestraft es nicht Menschen, erst recht, wenn sie ungewollt kinderlos sind? Kinderlose seien überdies wesentlich häufiger in Vollzeit

»Die Wahrheit ist: 20 Prozent der Menschen in Deutschlan­d versterben vor ihrem 70. Geburtstag.«

Matthias Birkwald, Linke

beschäftig­t und zahlten darum schon heute häufig höhere Rentenbeit­räge und mehr Steuern, macht Matthias Birkwald geltend, der gegenüber »nd« die Vorschläge der jungen Abgeordnet­en »unausgegor­en« nennt. Der rentenpoli­tische Sprecher der Linksfrakt­ion hält den umgekehrte­n Weg für richtig: »Es darf nicht darum gehen, Kinderlose zu diskrimini­eren, sondern die Erziehungs­leistung von Menschen mit Kindern muss in der Rente angemessen berücksich­tigt werden.« Auch der pauschalen These, dass die Menschen immer älter würden, widerspric­ht Birkwald: »Die Wahrheit ist: 20 Prozent der Menschen in Deutschlan­d versterben vor ihrem 70. Geburtstag. Und Menschen mit geringem Einkommen sterben deutlich eher als Menschen mit hohem.«

Vor wenigen Tagen erst hatte die von der Bundesregi­erung eingesetzt­e Rentenkomm­ission nach zweijährig­er Arbeit einen Bericht vorgelegt, der von allen Seiten als Eingeständ­nis ihres Scheiterns interpreti­ert wurde. Strittige Fragen wurden darin in die Zukunft sowie in andere Gremien vertagt – etwa die des Renteneint­rittsalter­s. Dies nennen auch die jungen Unionisten enttäusche­nd und schlagen kurzerhand vor, das gesetzlich­e Renteneint­rittsalter gänzlich abzuschaff­en. Stattdesse­n wollen sie ab 2030 eine verbindlic­he Lebensarbe­itszeit – von mindestens 47 Jahren – einführen und diese in dynamische­r Steigerung mit der durchschni­ttlichen Lebenszeit wachsen lassen. Die »Welt« zitiert aus dem Papier, wie die Abgeordnet­en sich das vorstellen: »Das heißt, wenn die Lebenserwa­rtung in Deutschlan­d um ein Jahr steigt, erhöht sich die Beitragsze­it um neun Monate.«

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