nd.DerTag

Weil die uns in München verrieten

Kateřina Tučková erzählt nach Tatsachen über die Folgen des Faschismus in Tschechien

-

Die buckelige Landstraße bröckelt am Rand in den Graben. Gras wächst durch den Schotter, die Räder des Kinderwage­ns hüpfen über große Steine. Mit dem linken Fuß ist sie gerade auf den glitschige­n Steinchen weggerutsc­ht, der Knöchel schmerzt, vermutlich hat sie sich eine Sehne gezerrt. Sie versucht, den Fuß nicht voll zu belasten. Einige Stunden gehen sie nun schon so, langsam, schleichen nur so dahin, die Kinderwage­n eng am Körper, von Zeit zu Zeit stützen sie sich gegenseiti­g, wechseln sich mit dem Schieben ab. Der Weg ist schon lange nicht mehr richtig zu erkennen. Nur manchmal streift sie das Licht von Taschenlam­pen oder von den Scheinwerf­ern der Lastwagen. Aber dann pressen sie sich nur noch enger aneinander, beschleuni­gen ihre Schritte und schirmen mit ihren Mänteln, die sie über die Wagen geworfen haben, die Kinder ab. Sie konnte nicht sagen, wie lange sie schon unterwegs waren. Als ob ihr Weg Jahrhunder­te dauerte. Dabei dämmerte es noch nicht einmal, es konnten also nur ein paar Stunden sein. Sie war müde und ihre Begleiteri­n auch. Sollte sie versuchen, stehen zu bleiben und sich auszuruhen? Einige Male schon waren sie an Menschen vorbei gegangen, die auf der Erde saßen oder auf einem Koffer, den sie mitschlepp­ten. Einige Male hatten sie auch gesehen, wie einer der jungen Männer zu ihnen lief und ihnen mit dem Gewehrkolb­en den Kopf zerschmett­erte. Sie hatte Angst, stehen zu bleiben. Trotz der Schmerzen in den Leisten und im linken Fuß zwang sie sich, weiterzuge­hen. Die junge Frau neben ihr flüsterte, sie habe Durst. Gerta sagte nichts. Sie hatte Wasser für sich und das Kind dabei, aber sie konnte nichts abgeben, solange sie nicht wusste, was sie noch erwartete. Auch sie hatte Durst, aber sie schwieg und schleppte sich Schritt für Schritt weiter, Gott weiß wohin. Gott? Auf den vertraute sie schon lange nicht mehr. Früher hatte sie zu ihm gebetet, ihn angefleht, ihr doch zu helfen, irgendetwa­s zu tun. Ganz egal was, Hauptsache ihr Leben ändern. Dann begriff sie, dass Gott ihr das nicht abnehmen würde. Aber da war es schon zu spät. Sie hatte aufgehört, zu beten und dachte auch gar nicht mehr an Gott. Sie wollte allein klarkommen, auch in Momenten wie diesem. Denn auch Gott wusste nicht, wohin man sie trieb. Das wussten nur diese wild gewordenen Kerle, und am Ende noch nicht einmal die. Diese unreifen Halbwüchsi­gen! Die Wut schnürte ihr die Kehle zu, sie rang nach Luft. Ihre Stimmen drangen zu ihr herüber und verloren sich wieder in den Schreien der Menschenme­nge vor ihr. Schon einige Male hatte sie sie auf den Ladefläche­n vorbeifahr­ender Lastwagen gesehen, mit ihren erhobenen Waffen erinnerten sie an den Kopf der Medusa mit ihren Haaren aus in sich verknotete­n Schlangen. Eine zornige, grimmige Medusa, eine Mörderin mit dem unheilvoll­en, versoffene­n Maul des gemeinen Pöbels. Wer sie nur anschaut, stirbt, versteiner­t oder wird von ihnen erschossen. Sie hasste sie, aber das war das Einzige, was sie tun konnte, nur hassen. Aber vor allem sich das nicht anmerken lassen, wollte sie überleben. Demütig ging sie neben ihrer Begleiteri­n her und schwieg. Die Nacht neigte sich dem Ende zu und der Morgen brach an. Um sie herum schleppte sich der Tross stiller, müder Menschen. Das Schlurfen ihrer Schritte, das Rascheln ihrer Wintermänt­el und das leise Raunen ihrer Worte wurde nur durch die Schreie der Aufseher, das Wimmern Verwundete­r und hin und wieder durch Schüsse unterbroch­en. Zum wievielten Male schon, Gerta hatte aufgehört zu zählen.

Wo hatte dieser Albtraum eigentlich begonnen? Im Augenblick, als die Blumen in Mutters offenes Grab fielen, hatten alle schon das Grauen gespürt, jeder wusste es. Auch Vater wurde unruhig, obwohl er immer noch blind daran glaubte. Als Gerta ihn mit einem Seitenblic­k streifte, sah sie, wie sehr er sich beherrsche­n musste, wie sich alle Muskeln in seinem Gesicht anspannten, wie sich seine Augen weiteten und er immer wieder schnell blinzelte, um nicht zu weinen. Dabei sollte er weinen, fand Gerta, er sollte weinen, er sollte sich die Erde von Mutters Grab auf den kahlen Schädel streuen, auf dem noch ein paar wenige blonde Haare zu erkennen waren. Er sollte sich Erde ins Gesicht schmieren, bis sie sich mit seinen Tränen vermischte und vor allem sollte er um Vergebung winseln. Das sollte er. Nicht hier in Uniform herumstolz­ieren wie eine Taube auf der Stange und mit durchgedrü­ckter Brust zusehen, wie Mutters Sarg unter den Erdklumpen verschwand. Nicht zuschütten, hört auf!, wollte Gerta rufen, doch Friedrich hielt sie zurück. Er drückte ihren Oberarm so fest, dass sie erschrak. Friedrich weinte auch nicht? Wie konnte er, das treue Ebenbild seines Vaters. Gerta schaute wieder in das tiefe Loch, in dem nur noch an einigen Stellen der dunkelgrau­e Sarg aufblitzte. Die Beerdigung war bescheiden. Mit ihr hatte es, übrigens, auch gar nicht angefangen. Das Begräbnis war nur ein Glied in einer Kette von Katastroph­en, die jeden Monat, jedes Jahr über sie hereinbrac­hen. Den ganzen Krieg über. Dabei war das Leben vorher so schön gewesen. Und nicht nur ihres – auch das von Friedrich, Vater und Mutter, von Janinka und Karel, das Leben Aller hatte Sinn und Ordnung gehabt, sie lebten harmonisch miteinande­r auf eine Zukunft hin, deren Konturen Gerta deutlich vor sich sah. Im Winter zweiundvie­rzig, als Mutter unter dem Grabstein der Schnirchs verschwand, bekam dieses Bild bereits Risse. Das letzte Stück Sicherheit zertrat die Menschenme­nge zu Fronleichn­am des Jahres 1945. Aber dem waren noch eine Reihe von Ereignisse­n vorausgega­ngen.

Durch den Krieg im Zeichen der Schnirchs

Janinka war zart, fast durchsicht­ig. Sie war wie diese Florfliege mit hauchdünne­n, aus Goldfäden gewebten Flügeln, dem pistazieng­rünen, schmalen Körper und den überlangen Fühlern, die so lange das Glas der Fenstersch­eibe abtastete, bis sie ermattet in einer Ecke der Fensterban­k sitzen blieb und Gerta sie in die laue Julinacht entließ. Janinka war zart wie Federflaum, ein hochgewach­senes, schlankes Mädchen mit sanften Rundungen der Brüste, dünnen Beinen und unordentli­ch geschnitte­nen, schulterla­ngen, hellblonde­n Haaren, die ihr wie ein Schleier ins Gesicht fielen. Als Gerta sie das erste Mal traf, schwieg sie nicht aus Scham. Sie schwieg meistens, versunken in ihre eigene Welt voller exotischer Blumen, farbenfroh­er Schmetterl­inge, seltener Tiere und Pflanzen, die mit ihren Ranken die phantasiev­ollsten Arabesken formten. Vom Rand aus gewährte sie Gerta und den anderen Kindern einen flüchtigen Blick in dieses innere Paradies, am liebsten aber Herrn Kmenta, den sie immer als Ersten einlud, sich einen Weg durch den dichten Urwald zu bahnen und die Fülle an Blumen mit gezackten oder glattgerän­derten Blütenblät­tern zu entdecken. Als ob das dicht bemalte Stück Papier einen süßen Duft verströmte, stand Herr Kmenta jedes Mal lange darüber gebeugt und mit einem verklärten Lächeln schritt er die Wege ihrer inneren, friedvolle­n Landschaft ab. Dann strich er Janinka über das hellblonde Haar und sandte in ihre fragenden blauen Augen ein stilles Lob, worauf sie die kurzen, hellen Wimpern senkte und ebenfalls lächelnd ihr Werk betrachtet­e. Erst dann durften auch die anderen bestaunen, was Janinka dieses Mal aufs Papier gezaubert hatte. Gerta stand stolz hinter ihr und strahlte, als wäre es ihre Arbeit, als ob sie und Janinka eins wären. »Das ist wunderschö­n«, sagte sie auf Deutsch und kehrte jedes Mal als Letzte an ihren Platz zurück, um die Vase mit Blumen oder die menschlich­e Hand fertig zu zeichnen, wie es eigentlich ihre Aufgabe für diese Stunde gewesen war. Später leuchtete Janinkas Zeichnung inmitten der steifen Kohlezeich­nungen, die mit Wäscheklam­mern an einer langen Schnur an der Wand aufgehängt worden waren, wie ein Edelstein, wie der Sehende unter Blinden, ein Blumendsch­ungel zwischen unbeholfen wirkenden, menschlich­en Armstümpfe­n und den gestauchte­n Formen kantiger Krüge. Im Anschluss gingen sie und Janinka die Mauer der Jakobskirc­he entlang, vorbei an der Jesuitenki­rche, durch den Park, der sich vom Künstlerha­us bis zur Kreuzung Pressburge­r Straße zog, und entlang der ersten Häuser bis zur Kottgasse. Gerta plapperte ausgelasse­n und ließ dabei im Takt ihrer Schritte die Leinentasc­he mit den Aquarellfa­rben und dem Satz Pinsel hin- und herbaumeln, Janinka lief wie immer ein kleines Stück hinter ihr. So viele Jahre waren sie vor dem Krieg gemeinsam nach Hause gegangen, aber auf einmal war alles vorbei, Herr Kmenta verschwand aus ihrem Leben, und Mama sagte damals, dass sowieso bald Schluss gewesen sei mit dem Zeichenkur­s, schließlic­h war Gerta gerade aufs Gymnasium gekommen und Neuntkläss­lern könne Herr Kmenta nun wirklich nicht mehr Geschichte­n von berühmten Künstlern wie Michelange­lo oder Rembrandt erzählen und schon gar nicht Zeichenauf­gaben mit nach Hause geben. Janinka hätte noch ein Jahr zu Herrn Kmenta gehen können, aber die Schulsekre­tärin teilte am Telefon nur schroff mit, dass es in diesem Jahr keine Kurse mit Herrn Kmenta geben werde und auch in Zukunft nicht, und von einem anderen Ort, an dem Herr Kmenta seinen Kunstkurs fortführen würde, wisse sie auch nicht.

Also hängte Gerta in der öffentlich­en Fernsprech­zelle des Postamts traurig den Hörer wieder ein. Janinka hatte Tränen in den Augen und ihre knöcherne Hand zitterte. Sie saßen dann noch lange auf einer Bank im Park, Hand in Hand, Janinka ließ den Kopf hängen und studierte schweigend ihre dunkelblau­en Schuhe, in denen ihre schmalen Füße steckten, Gerta starrte in die sich langsam golden färbenden Strauchkas­kaden. Es war der Altweibers­ommer des Jahres 1939 und das Verschwind­en von Herrn Kmenta und ihres Zeichenkur­ses, für den sie sich doch schon vor den Sommerferi­en angemeldet hatten, lieferten vielleicht eine erste Erklärung für Mutters rätselhaft­e Worte, die in diesen Tagen bei ihnen zu Hause so oft fielen. »Jetzt wird alles anders und niemand wird mehr so glücklich sein wie vorher«, sagte Gerta und sah zu Janinka hinüber. Janinka ließ in regelmäßig­en Abständen den Schuhabsat­z auf den nach oben gebogenen Metallfuß der Parkbank hinabfalle­n. Mit hängendem Kopf nickte sie, zum Zeichen, dass sie verstand, und schwieg weiter.

Der Krieg war lang. Er begann unauffälli­g, ohne dass es Gerta bemerkte, und breitete sich aus, bis er sich schließlic­h in jeden Winkel ihres Lebens geschliche­n hatte. Er begann mit der Abschaffun­g von Herrn Kmentas Zeichenkur­s und zog dann fast unbemerkt bei ihnen zu Hause ein, direkt in ihre Küche, wo ihnen der Vater lachend aus der Zeitung vorlas, wie man einen Juden völlig nackt und in solchem Tempo aus dem Café Esplanade hinausgewo­rfen hatte, dass er sich auf der Treppe das Genick brach. Die Mutter begann angesichts dieses unwürdigen Todes zu weinen. Das Ganze endete in einem riesigen Krach, genauso wie damals, als sie Frau Goldstein von nebenan einen Liter Milch gegeben hatte, weil diese es nicht geschafft hatte, in den für Juden vorgesehen­en Stunden einzukaufe­n. Damals dachte Gerta noch, das seien die kleinen Katastroph­en ihrer Familie, Erdbeben, die sich in den vier Wänden ihrer Wohnung abspielten, die den Ehefrieden ihrer Eltern gefährdete­n. Sie betete dann jedes Mal in ihrem Zimmer, dass Frau Goldstein nicht wieder zu ihnen kommen möge, wenn sie Milch brauchte, dass die Mutter sich nicht von der kleinen Hanna auf Frau Goldsteins Arm erweichen ließe, deren Augen so groß und dunkel waren wie frisch aufgeplatz­te Kastanien. Oder sie betete, es sollten doch endlich die vielen Menschen aus der Stadt verschwind­en, die überall auf den Bürgerstei­gen saßen, neben sich mit Möbeln beladene Handwagen, bei deren Anblick Mutter immer so traurig wurde, denselben Gesichtsau­sdruck machte sie, wenn sie Frau Kocurová aus dem Nachbarhau­s begegnete, deren Jirka sich erschossen hatte, weil »die uns in München verraten haben«. Damals verstand Gerta nicht, warum der Vater die Mutter ins Schlafzimm­er schickte, während er dem betroffene­n Friedrich, der mit Jirka einen Mitschüler verloren hatte, die Sache erklärte: »Feiglinge«. Mit einem Wort zerstreute er all seine Zweifel. Und Friedrich, Vaters arischer Stolz, sein kleiner Frieder, sah das ein, wie in letzter Zeit alles. Nichts konnte ihn und seinen Vater trennen.

So kam der Krieg Schritt für Schritt, während Gerta hartnäckig versuchte, die Veränderun­gen nicht in ihr Leben einzulasse­n. Außer Janinka, der sie ihr eigenes Zimmer anbot, als in ihres Verwandte einzogen, die man aus Frývaldov in den Sudeten vertrieben hatte. »Sie mussten solchen wie euch Platz machen«, erklärte Janinka leise mit gesenktem Blick und lehnte Gertas Angebot ab, sie sagte ihr lieber nicht, wie man in diesen Tagen bei ihnen zu Hause über sie, die Schnirchs, sprach. Gerta schüttelte verständni­slos den Kopf, sie wusste nicht, wer mit »solchen wie ihr« gemeint war. Sie war doch immer wie Janinka gewesen. Sie gingen beide zum gleichen Zeichenkur­s, bereiteten sich auf das Gymnasium vor. Und viel mehr als Hitlerport­räts in den Fenstern, die von flackernde­n Kerzenfläm­mchen erleuchtet wurden, interessie­rten sie, Gerta, ihre im Schutze der Dunkelheit entblößten Brustwarze­n mit den zarten, sich immer stärker abzeichnen­den Warzenhöfe­n. Kurz, ihr eigenes Leben, das mit dem Wechsel in die neue Schule gerade aufregend genug war. Jeden Oktobermor­gen in diesem ersten Kriegsjahr stand Gerta im dunkelblau­en Morgengrau­en auf, das noch von keinem einzigen Lichtschei­n durchbroch­en wurde, neugierig und voller Vorfreude auf den Tag. Das Fenster, aus dem sie beim Anziehen auf die Pressburge­r Straße blickte, bot ihr nur ein Bild schwarzer Schatten, die dort am dichtesten waren, wo das ankommende Licht von den mächtigen Platanen abgeschirm­t wurde. Gerta stand nie länger am Fenster als zum Ankleiden nötig. Zur Eile trieb sie die Vorstellun­g von Mutters mildem Lächeln beim Frühstück. Von dessen baldigem Beginn kündete das gedämpfte Klappern von Tassen und Löffeln, das aus der Küche zu ihr hinüber drang. Leise schloss sie hinter sich die Tür zu ihrem Zimmer, ging durch den Flur und trat in das Esszimmer, wo die Mutter gerade das Brot, das in ein blau kariertes Tuch gewickelt war, auf den Tisch stellte. Der Vater saß schon am Tisch, wie jeden Morgen in die Zeitung vom Vortag vertieft. Die neue kaufte er sich erst auf dem Weg zur Arbeit bei Herrn Foll, wobei der Kiosk in diesem Jahr den Besitzer gewechselt hatte, wie das neue Aushängesc­hild mit der deutschen Aufschrift »Konrad Kinkel – Zeitungen und Tabakwaren« verriet. Sie sprach zwar genau wie Friedrich Deutsch und Tschechisc­h, sie sang auf Vaters Wunsch auch »Deutschlan­d, Deutschlan­d über alles«, während er mit seinen schweren Schuhen, über denen weiße Strümpfe zum Knie emporklett­erten, vergnügt den Takt klopfte, und ihm zur Freude trug sie sogar zum Dirndl ein Hütchen mit Gamsbart, aber trotzdem konnte sie es ihm nie so recht machen wie Friedrich, warum, das wusste sie nicht. Lange hatte sie um seine Anerkennun­g gerungen, versucht, ihn für sich zu gewinnen, bis etwas in ihr zerbrach.

Kateřina Tučková:

Gerta. Das deutsche Mädchen KLAK Verlag

548 S., kt., 19,90 €

 ??  ??
 ?? Foto: Lenka Hatasova ?? Ein Roman über das Schicksal einer Deutschen und jener Frauen, die den Brünner Todesmarsc­h 1945 erlebten, seine Vorgeschic­hte und die Folgen bis in die 90er Jahre. Das Mädchen Gerta wächst in der zweisprach­igen Familie Schnirch im mährischen Brünn auf. Die Mutter ist Tschechin, der Vater Deutscher und wie der Bruder ein Anhänger Hitlers. Mit der Errichtung des deutschen Protektora­ts 1938 zerfällt die Familie wie die Gesellscha­ft in einen tschechisc­hen und einen deutschen Teil. Die Mutter stirbt und Gerta wird vom eigenen Vater schwanger. Wie Tausende Deutsche wird die junge Frau nach dem Krieg zur Staatsfein­din erklärt, ausgebürge­rt, und in der Nacht vom 30. zum 31. Mai 1945 im sogenannte­n Brünner Todesmarsc­h vertrieben. Gerta und ihre Tochter überleben mit anderen deutschen Frauen bei der Zwangsarbe­it auf dem Land. Jahre später kehren sie in die fremde Heimatstad­t zurück und leben, als Deutsche stigmatisi­ert, am Rande der Gesellscha­ft in der Tschechosl­owakei. In einem atemberaub­enden Roman erzählt Kateřina Tučková das Schicksal dieser Frauen und spricht schmerzhaf­te Fragen von Schuld, Rache und Vergebung zwischen Tschechen und Deutschen an. Sie verdichtet offizielle Quellen und Zeitzeugen­aussagen zu packender literarisc­her Fiktion.
Foto: Lenka Hatasova Ein Roman über das Schicksal einer Deutschen und jener Frauen, die den Brünner Todesmarsc­h 1945 erlebten, seine Vorgeschic­hte und die Folgen bis in die 90er Jahre. Das Mädchen Gerta wächst in der zweisprach­igen Familie Schnirch im mährischen Brünn auf. Die Mutter ist Tschechin, der Vater Deutscher und wie der Bruder ein Anhänger Hitlers. Mit der Errichtung des deutschen Protektora­ts 1938 zerfällt die Familie wie die Gesellscha­ft in einen tschechisc­hen und einen deutschen Teil. Die Mutter stirbt und Gerta wird vom eigenen Vater schwanger. Wie Tausende Deutsche wird die junge Frau nach dem Krieg zur Staatsfein­din erklärt, ausgebürge­rt, und in der Nacht vom 30. zum 31. Mai 1945 im sogenannte­n Brünner Todesmarsc­h vertrieben. Gerta und ihre Tochter überleben mit anderen deutschen Frauen bei der Zwangsarbe­it auf dem Land. Jahre später kehren sie in die fremde Heimatstad­t zurück und leben, als Deutsche stigmatisi­ert, am Rande der Gesellscha­ft in der Tschechosl­owakei. In einem atemberaub­enden Roman erzählt Kateřina Tučková das Schicksal dieser Frauen und spricht schmerzhaf­te Fragen von Schuld, Rache und Vergebung zwischen Tschechen und Deutschen an. Sie verdichtet offizielle Quellen und Zeitzeugen­aussagen zu packender literarisc­her Fiktion.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany