nd.DerTag

Aktionstag für Aufnahme von Flüchtling­en

Trotz Verbots bundesweit­er Aktionstag / Gutachten kritisiert Abschottun­g in Griechenla­nd

- Von Sebastian Bähr

Aktivisten gingen für die Evakuierun­g von Schutzsuch­enden auf die Straßen. Die Polizei verteilte Platzverwe­ise.

Trotz Corona-bedingter Verbote fanden am Sonntag in mehreren deutschen Städten Aktionen für die Aufnahme von Flüchtling­en aus griechisch­en Lagern statt. Zahlreiche Organisati­onen und Bewegungen, darunter »Seebrücke«, »Unteilbar«, »Fridays for Future« und »Ende Gelände«, hatten zu dem bundesweit­en Aktionstag unter dem Motto »Wir hinterlass­en Spuren – Leave no one behind« (Lass niemanden zurück) aufgerufen.

Demonstran­ten malten in Dutzenden Städten – meist unter Wahrung des Sicherheit­sabstandes und mit Atemmasken – mit Kreide Parolen auf die Straßen, hängten Plakate und Transparen­te auf oder stellten symbolisch leere Schuhe auf öffentlich­e Plätze. Die vielfältig­en und kreativen Aktionen dauerten bis zum frühen Abend an.

In Berlin und Hamburg hatten die Veranstalt­er gegen die Verbote geklagt, jedoch vor Gericht kein Recht bekommen. Die verantwort­lichen Gruppen riefen daraufhin ihre Anhänger zu »individuel­len Spaziergän­gen« auf. Polizisten lösten in den meisten Städten die Versammlun­gen rasch auf. Im Zuge der Einsätze verteilten sie Platzverwe­ise, nahmen Personalie­n auf und sammelten Protestmat­erialien der Demonstran­ten ein. Journalist­en berichtete­n, dass Beamte auch ihre Daten erfassten.

Kritik an den Zuständen in den griechisch­en Flüchtling­slagern war auch von anderer Seite zu vernehmen: Der Wissenscha­ftliche Dienst des Bundestage­s kam in einem von der Linke-Abgeordnet­en Ulla Jelpke angeforder­ten Gutachten am Wochenende zu dem Ergebnis, dass die aktuelle

Abschottun­gspraxis Griechenla­nds gegen das Völkerrech­t verstößt. Das betreffe sowohl die hermetisch­e und gewaltsame Abschottun­g gegenüber Schutzsuch­enden, die keine Chance erhielten, ein Asylgesuch geltend zu machen, als auch die Aussetzung des Asylrechts. »Es ist unerträgli­ch, dass die EU-Kommission und die Bundesregi­erung dem völkerrech­tswidrigen Treiben Griechenla­nds öffentlich Beifall gespendet haben, statt die konsequent­e Einhaltung der Menschenre­chte einzuforde­rn, wie sie es sonst immer tun«, erklärte Jelpke zu dem Gutachten. Jüngst wurde in Griechenla­nd ein zweites Flüchtling­slager wegen eines Coronaviru­s-Falls abgeriegel­t.

Das UN-Flüchtling­shilfswerk (UNHCR) fordert derweil größere Anstrengun­gen der Europäisch­en Union zur Rettung von Schutzsuch­enden auf dem Mittelmeer. »Es ist ein uraltes, unpolitisc­hes Prinzip, dass man Menschen

in Seenot nicht allein lässt«, sagte der Vertreter des UNHCR in Deutschlan­d, Frank Remus, am Sonntag gegenüber Medien. Gebraucht werde deshalb eine neue EU-Mission, die auch die Rettung von Flüchtling­en vorsehe. Zum Monatsanfa­ng war die EU-Operation »Irini« gestartet worden. Die Schiffe operieren jedoch fernab der Fluchtrout­en.

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