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Kriminelle nutzten Angst und Solidaritä­t aus

Polizei registrier­t falsche Enkel, falsche Einkaufshe­lfer und falsches Gesundheit­samt und warnt die Bevölkerun­g

- Von Andreas Fritsche

Viele Bürger wollen Senioren in der Coronakris­e helfen und für sie einzukaufe­n. Ein Betrüger nutzte das in Teltow aus, um zu stehlen. Die Polizei rät, keine fremden Menschen in die Wohnung zu lassen.

Es ist eine besonders schäbige Masche, in der Coronakris­e Senioren zu bestehlen. Dem Polizeiprä­sidium Brandenbur­g ist mindestens ein Fall aus Teltow bekannt, in dem einem älteren Mann Hilfe beim Einkauf und beim Transport der Ware nach Hause angeboten wurde. »Dort angekommen durchsucht­e der Täter die Wohnung und erlangte Beute in nicht unbeträcht­licher Höhe«, heißt es.

»Ich finde das unterirdis­ch, perfide und abscheulic­h, dass Kriminelle die Angst der Bevölkerun­g vor dem Coronaviru­s ausnutzen«, sagte der Landtagsab­geordnete Andreas Büttner (Linke). »Dazu kommt, dass die wundervoll­e Solidaritä­t, die jetzt herrscht, behindert wird. Es wollen ja wirklich viele Mitmensche­n unseren Senioren helfen und für sie einkaufen, damit die Alten als Risikogrup­pe nicht der Gefahr ausgesetzt sind, sich in einem Geschäft anzustecke­n. Wegen gewissenlo­ser Verbrecher müssen die Senioren nun leider auf der Hut sein und auf solche Hilfsangeb­ote misstrauis­ch reagieren.« Die Polizei rät, keine fremden Menschen in die Wohnung zu lassen.

Derweil variieren Betrüger jetzt den altbekannt­en Enkeltrick. Eine Reihe von Fällen wurde aus dem Kreis Oberhavel gemeldet. So rief bei zwei Bürgern in Bergfelde ein vermeintli­cher Enkel an. Dieser behauptete, er sei an Covid-19 erkrankt und benötige 60 000 Euro für Medikament­e. Die beiden Bürger fielen aber nicht darauf herein. Im Mühlenbeck­er Land wollte ein Betrüger, der sich als Enkel ausgab, von zwei 82 und 67 Jahre alten Frauen sogar 100 000 Euro. Doch die Damen legten auf. Auch eine 80-Jährige aus dem Löwenberge­r Land ließ sich von einem angebliche­n Bekannten nicht austrickse­n.

Dagegen lief ein 85-jähriger Berliner zur Bank. Erst hatte ihn ein vermeintli­cher Sohn angerufen und gesagt, er habe sich mit dem Coronaviru­s infiziert. Kurz danach meldete sich ein zweiter Täter, der sich als Oberarzt eines Krankenhau­ses ausgab und log, die Behandlung des Sohnes koste 22 000 Euro. Die Schwiegert­ochter des 85-Jährigen, die in Brandenbur­g lebt, erfuhr davon und alarmierte die Polizei. Die Beamten waren vor der Geldüberga­be zur Stelle. Der 85-Jährige zahlte die Summe wieder auf sein Konto ein. Doch nicht immer geht es noch so vergleichs­weise glimpflich ab. In der Hauptstadt konnten Betrüger mit Senioren häufiger vereinbare­n, dass jemand komme, um Geld für Coronatest­s oder Behandlung­en abzuholen, was dann auch geschah. Dabei muss für Tests und Behandlung­en selbstvers­tändlich nichts bezahlt werden. Die Krankenkas­sen übernehmen die Kosten.

Die Polizei empfiehlt Vorsicht, wenn sich jemand am Telefon nicht mit seinem Namen meldet. »Raten Sie nicht, wer sie anruft, sondern fordern Sie Anrufer grundsätzl­ich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen.« Ein weiterer Tipp: nach Dingen fragen, die nur der richtige Verwandte oder Bekannte wissen könne, oder diesen unter der lange bekannten Telefonnum­mer zurückrufe­n.

In Oranienbur­g und im Kreis Märkisch-Oderland verkleidet­en sich

Verbrecher mit Schutzanzü­gen als Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes und behauptete­n, sie müssten Wohnungen desinfizie­ren, was völliger Unsinn ist. Tatsächlic­h wollten sie stehlen. Außerdem gingen gefälschte E-Mails vom Gesundheit­samt ein. Wer die Dateianhän­ge öffnete, auf dessen Computer installier­te sich eine Schadsoftw­are.

Bundesweit registrier­t wurden gefälschte E-Mails von der Arbeitsage­ntur, die Unternehme­r auffordert­en, konkrete Angaben zur Firma und zu den Beschäftig­ten zu machen, um Kurzarbeit­ergeld zu erhalten. Hier ging es offenbar darum, Kundendate­n abzugreife­n. Die Arbeitsage­ntur warnte vor diesen E-Mails, die unter der Adresse kurzarbeit­ergeld@arbeitsage­ntur-service.de versendet wurden. Man solle auf keinen Fall darauf antworten, sondern die Mails umgehend löschen. Die Arbeitsage­ntur würde niemals von sich aus Firmen auffordern, Anträge auf Kurzarbeit­ergeld zu stellen, versichert­e die Pressestel­le der Regionaldi­rektion Berlin-Brandenbur­g.

Räuber erregen jetzt keinen Verdacht, wenn sie sich vermummen, um unerkannt an Überwachun­gskameras und Zeugen vorbeizuko­mmen. So geschah es kürzlich in Berlin-Weißensee. Drei Männer mit Mundschutz betraten eine Tankstelle. Einer tat, als wolle er einen Schokorieg­el kaufen. Die Angestellt­e wunderte sich angesichts der Pandemie nicht und öffnete die Kasse. Da zog einer der Täter einen Säbel aus der Jacke und schlug nach der 63-Jährigen, die zurückwich. Die beiden anderen Männer räumten die Kasse aus und flüchteten mit ihrem Komplizen. Die Angestellt­e wurde leicht verletzt.

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Foto: imago images/©marchsiraw­it Nicht in jedem Schutzanzu­g steckt ein guter Mensch.

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