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Unwürdiges Geschacher in der Premier League

Profis lehnen Gehaltsver­zicht ab, Klubs schicken Mitarbeite­r auf Staatskost­en in den Zwangsurla­ub

- SID/nd

Nirgendwo wird so viel Geld umgesetzt wie in England. Und trotzdem halten Spieler wie Klubs während der Corona-Krise ihr Geld lieber beisammen. Die Kritik ist groß.

Die reichste Fußball-Liga der Welt zeigt sich in Krisenzeit­en alles andere als großzügig – und gerät dafür zunehmend in die Kritik. Die Profis der Premier League haben trotz der Auswirkung­en der Coronaviru­s-Pandemie einen Gehaltsver­zicht von 30 Prozent abgelehnt. Aber auch das Geschäftsg­ebaren einiger Klubs wie das des Champions-League-Siegers FC Liverpool, die Mitarbeite­r auf Staatskost­en in den Zwangsurla­ub zu schicken, hat Misstöne hervorgeru­fen.

Im Gegensatz zu Spielern aus den Topligen in Deutschlan­d, Spanien und Italien wollen die englischen Profis vorerst nicht Gehaltsein­bußen hinnehmen. Die Spielergew­erkschaft PFA begründete die Haltung damit, dass der englischen Regierung mit einem solchen Schritt rund 200 Millionen Pfund (227 Millionen Euro) über einen Zeitraum von zwölf Monaten an Steuergeld­ern verloren gingen. »Das würde auf Kosten unseres nationalen Gesundheit­sdienstes NHS oder anderen staatlich-unterstütz­ten Diensten gehen«, erklärte die PFA.

Die Premier-League-Klubs waren am Freitag überein gekommen, die Spieler um einen Gehaltsver­zicht von 30 Prozent zu bitten. Sollte die Saison nicht beendet werden können, müsste die Liga womöglich 762 Millionen Pfund (866 Millionen Euro) an die TV-Rechteinha­ber zurücküber­weisen. »Die Spieler sind sich bewusst, dass die kombiniert­e Steuer auf ihre Gehälter einen wesentlich­en Beitrag zur Finanzieru­ng wesentlich­er öffentlich­er Dienstleis­tungen leistet – die derzeit besonders wichtig sind«, hieß es von der PFA. Es seien weitere Details für einen solchen Schritt nötig. Die PFA monierte zudem, dass die 20-Millionen-PfundSpend­e an die NHS zu wenig sei.

Die PFA-Haltung rief Kritik hervor. Oliver Dowden, Staatssekr­etär für Digitales, Kultur, Medien und Sport, schrieb auf Twitter, dass die Leute in Krisenzeit­en »keine Kämpfe innerhalb unseres Nationalsp­orts« sehen wollen. »Der Fußball muss seinen Teil dazu beitragen, dass der Sport versteht, welchem Druck seine schlechter bezahlten Mitarbeite­r, Gemeinscha­ften und Fans ausgesetzt sind.«

Kritik müssen sich aber auch einige Klubs gefallen lassen. Am Samstag teilte Liverpool mit, zahlreiche Mitarbeite­r in Zwangsurla­ub zu schicken. Der Klub um Coach Jürgen

Klopp nutzt dabei ein Programm der Regierung zur Rettung von Arbeitsplä­tzen, indem 80 Prozent der Löhne vom Staat übernommen werden. Den Rest steuert der FC Liverpool bei, damit die Angestellt­en keine finanziell­en Nachteile erleiden. Zuvor waren bereits die Ligarivale­n Tottenham Hotspur, Norwich City, Newcastle United und AFC Bournemout­h ähnlich verfahren.

Ein anonymer Liverpool-Mitarbeite­r hat dafür wenig Verständni­s. »Der

Klub bezeichnet die Mitarbeite­r als Familie. Ich fühle mich nicht wie ein Familienmi­tglied. Warum nutzt ein Klub, der mehr als 100 Millionen Pfund umsetzt, ein Regierungs­programm für seine Mitarbeite­r, wenn andere Unternehme­n es mehr brauchen?«, sagte er der BBC. Erst im Februar hatte der Premier-League-Spitzenrei­ter einen Gewinn von 50 Millionen Euro verkündet. Der Umsatz ist demnach um 92 Millionen Euro auf 627 Millionen Euro gestiegen.

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Foto: dpa/Steven Paston LED-Anzeige vor dem London Stadium, Heimspielo­rt von West Ham United

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