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Sektierert­um ist keine Lösung

Moritz Wichmann zur Zukunft linker US-Demokraten

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Bernie Sanders ist als US-Präsidents­chaftskand­idat gescheiter­t, sein Projekt nicht. Der Politiker, der den Slogan seiner Kampagne »Not me, Us« (»Nicht ich, wir«) in seinen Reden konsequent andersheru­m nutzte und »Wir, nicht ich« sagte, war immer ein Bewegungsp­olitiker. Es bleiben Zehntausen­de Neupolitis­ierte, Tausende trainierte Aktivisten und Menschen, die Wahlkampfe­rfahrungen gemacht haben. Menschen, die es beim nächsten Mal noch besser machen werden. Zu den Kindern der »politische­n Revolution« zählen auch die Jungstars der Parteilink­en wie Ilhan Omar, Rashida Tlaib und Alexandria Ocasio-Cortez.

Viele Sanders-Anhänger lieben ihren »Bernie« aufrichtig; sie sind nun maßlos enttäuscht. Doch der Rückzug entweder ins Private oder in sektiereri­sche linke Kleinstpar­teien und Grüppchen oder zu einer Wahl der US-amerikanis­chen Grünen, wie es einige online diskutiere­n, wäre falsch.

Wer die Politik der Demokratis­chen Partei ändern und dafür sorgen will, dass der nächste Bernie Sanders »durchkommt«, muss institutio­nelle Macht in der Partei aufbauen – also auf allen Ebenen linke Kandidaten aufstellen und für deren Wahl sorgen. Progressiv­e Demokraten haben das in den letzten zwei Jahren, etwa in New York oder Virginia, erfolgreic­h getan. Sie haben Boden gut gemacht gegen die »Maschine«, die immer wieder Kandidaten wie Hillary Clinton und Joe Biden produziert und mit all ihrer Macht unterstütz­t. Das Aufbauen von institutio­neller Macht kann auch strategisc­h und am Rand der Partei erfolgen, wie etwa in Form der Democratic Socialists of America, die sich unabhängig organisier­en, dabei auch Protestpol­itik und gewerkscha­ftliche Organisati­on betreiben, aber trotzdem Mitglieder auf dem Wahlzettel der Demokraten antreten lassen.

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