nd.DerTag

Für das Leben

- Mario Pschera

Non scholae sed vitae – nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Mit dem Lernen ist das so eine Sache, wenn die Schulen geschlosse­n sind. Aber auch vor der Verlagerun­g des Unterricht­s ins Häusliche stand nicht alles zum Besten. Schüler wie Lehrer klagen über eine Verdichtun­g des Stoffes und eine Orientieru­ng auf vermeintli­ch Nützliches (was wohl eher für die Arbeitswel­t Verwertbar­es meint). Turbo-Eltern triezen den Nachwuchs zusätzlich mit Nachhilfes­tunden und marktwertv­erbessernd­en Hobbys. Die, deren Eltern sich das nicht leisten können, dürfen vor dem großen, elektrisch betriebene­n Bildungsre­chteck Platz nehmen. Dabei brauchen Kinder und Jugendlich­e vor allem Zeit und Raum, zu sich selbst zu kommen, Luftschlös­ser zu bauen, zu sinnieren und zu träumen. Und zu lesen. Ohne Druck Erfahrunge­n zu sammeln, die Welt kennenzule­rnen, Empathie für menschlich­e Schicksale an anderen Orten und zu anderen Zeiten zu erwerben. Dafür braucht es auch öffentlich­e Bibliothek­en, in denen sie vor den Zumutungen der Erwachsene­nwelt sicher sind. Weltfremd oder lebensuntü­chtig werden sie dadurch nicht.

Mit meinem Schulfreun­d André saß ich nach der Schule stundenlan­g gemeinsam über Büchern und Heften. Wir sind mit Huckleberr­y Finn und Jim den Mississipp­i runtergego­ndelt, mit Manas durch die kirgisisch­en Berge gezogen, haben mit Annika und Thomas über die Superkräft­e von Pippi Langstrump­f gestaunt und durch den tölpelhaft­en Ritter Runkel gelernt, dass die Kreuzfahre­r keine selbstlose­n Helden des Glaubens waren. Wir haben alles gelesen, was uns unter die Finger kam. Trotzdem haben wir Fußball gespielt, uns mit denen aus der Nachbarkla­sse geprügelt, sind in leer stehende Häuser eingestieg­en und haben heimlich Zigaretten probiert. André leitet heute ein Seniorenhe­im, und ich sitze im ndBüro und schreibe diese Zeilen. So ganz scheint uns die Lektüre also nicht geschadet zu haben.

Wir wünschen Ihnen entspannte Ostertage und immer ein gutes Buch in Griffnähe. Ein paar Empfehlung­en haben wir auf den folgenden Seiten versammelt. Und mit unserem Osterrätse­l gibt es sogar etwas zu gewinnen. Leserinnen und Leser sind bei der Suche nach dem Lösungswor­t eindeutig im Vorteil.

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