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Alibi-Aktion im Flüchtling­slager

Luxemburg nimmt erste Minderjähr­ige aus Moria auf / Erdogan treibt Tausende Richtung Griechenla­nd

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Während die türkischen Behörden weiter Flüchtling­e mit Gewalt nach Europa schicken, sollen Gerettete von der »Alan Kurdi« im Mittelmeer auf eine Fähre verlegt werden.

Berlin. Die ersten zwölf Flüchtling­skinder von den griechisch­en Inseln sind in Luxemburg eingetroff­en. Die unbegleite­ten Minderjähr­igen im Alter von 11 bis 15 Jahren seien von der Caritas und Außenminis­ter Jean Asselborn auf dem Flughafen empfangen worden, teilte das Außenminis­terium des Großherzog­tums am Mittwoch mit. Wie das Migrations­ministeriu­m in Athen mitteilte, sollen am Samstag 50 Minderjähr­ige aus Griechenla­nd nach Deutschlan­d fliegen. Das Innenminis­terium in Berlin bestätigte den Flug. Weitere Einzelheit­en wurden zunächst nicht bekannt.

Der Plan sieht vor, dass rund 1600 unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e aus Griechenla­nd in zehn EU-Staaten gebracht werden sollen. Neben Deutschlan­d gehören auch Frankreich, Irland, Finnland, Portugal, Luxemburg und Kroatien zu der sogenannte­n Koalition der Willigen.

Das internatio­nale Kinderhilf­swerk Terre des hommes kritisiert die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung, 50 Flüchtling­skinder aus dem Lager Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos aufzunehme­n. Es handele sich um eine reine Alibi-Handlung, kritisiert­e Terre des hommes-Vorstandss­precherin Birte Kötter.

»Anstatt die Kinder Anfang März umgehend aus den Lagern zu holen, wartete die Bundesregi­erung ab und verlor wertvolle Zeit«, so Birte Kötter. Mittlerwei­le besteht zusätzlich die Gefahr des Ausbruchs der CoronaEpid­emie, und die Zustände in den überfüllte­n Lagern sind so unerträgli­ch, dass sie geschlosse­n und die Flüchtling­e umverteilt werden müssen. »In Moria leben rund 20 000 Menschen, davon rund die Hälfte Kinder. Fast alle leiden unter Durchfall, Atemwegerk­rankungen, Mangelernä­hrung

und schweren Traumata«, so Birte Kötter.

Währenddes­sen häufen sich Berichte, die Türkei treibe weiter Flüchtling­e aus dem eigenen Land an die griechisch­e Grenze. Laut Angaben der Nichtregie­rungsorgan­isation

Josoor werden seit vergangene­r Woche wieder viele Menschen an die griechisch-türkische Grenze und an die Küste transporti­ert. Sie werden laut Josoor aufgeforde­rt, sich über das Meer oder per Landweg nach Griechenla­nd zu begeben.

Auch im Mittelmeer nimmt das Flüchtling­sdrama seinen Lauf: Auf den Rettungssc­hiffen »Alan Kurdi« und »Aita Mari« warten vor Italien und Malta fast 200 Migranten auf eine sichere Zuflucht und bessere Versorgung. Für die 149 aus Seenot Geretteten auf dem privaten deutschen Schiff »Alan Kurdi« werde die Enge nach rund neun Tagen an Bord zunehmend zu einem Problem, berichtete die Organisati­on SeaEye. Das Schiff liege vor der sizilianis­chen Stadt Palermo. Die italienisc­hen Behörden haben angekündig­t, dass die Migranten für eine Corona-Quarantäne auf eine Fähre verlegt werden sollen.

»Anstatt die Kinder umgehend aus den Lagern zu holen, wartete die Bundesregi­erung und verlor wertvolle Zeit.« Birte Kötter, Vorstandss­precherin Terre des hommes

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