Koalition hält Kommunen auf Abstand
Brandenburgs Landtag beschließt Notlagegesetz, will aber Vorschläge der Opposition für finanzielle Hilfen nicht einmal prüfen
Märkische Kommunalparlamente dürfen in der Coronakrise nun Kompetenzen an ihre Hauptausschüsse abgeben. Was sie angesichts geringerer Steuereinnahmen tun sollen, bleibt vorerst offen.
Die eine oder andere Gemeindevertretersitzung in Brandenburg findet dieser Tage in einer Turnhalle statt, in der die Kommunalpolitiker mit großem Abstand zueinander sitzen, um sich nicht mit dem Coronavirus anzustecken. Manchmal kommt nur ein Drittel der Gemeindevertreter. Damit bewegen sie sich bei Beschlüssen »am Rande der Legalität«, meint der Landtagsabgeordnete André Schaller (CDU). Andere trauen sich gar nicht erst zu Sitzungen, weil sie alt sind und damit zu einer Risikogruppe gehören. Es soll auch Fälle geben, wo die Bestimmungen zum Kontaktverbot missverstanden werden und Kommunalpolitiker fürchten, sie müssten ein Bußgeld zahlen, wenn sie sich versammeln.
»Deshalb bleiben wichtige Beschlüsse auf der Strecke«, beklagte Schaller am Mittwoch im Landtag. Zuweilen gebe es stattdessen nun inflationär Eilentscheidungen der Verwaltungen oder es beschließt statt des
Parlaments nur der Hauptausschuss, was bisher gar nicht erlaubt sei, erklärte Schaller. Er nannte das »besorgniserregend«.
Am Mittwoch verabschiedete der Landtag ein kommunales Notlagengesetz, das Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen beispielsweise erlaubt, Kompetenzen an ihre Hauptausschüsse zu übertragen und Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren zu fassen. Innenminister Michael Stübgen (CDU) erwartet, dass die bis 30. Juni befristeten Ausnahmeregeln bereits am Freitag oder am Montag in Kraft treten können. Der Landtag selbst hat sich bereits vor zwei Wochen auf die Notlage eingestellt. Am Mittwoch kamen nur zwei Drittel der insgesamt 88 Landtagsabgeordneten, wobei die Mehrheitsverhältnisse durch vorherige Absprachen gewahrt blieben.
Schon vor zwei Wochen hätte der Landtag auch das kommunale Notlagegesetz behandeln sollen. Doch diese Möglichkeit wurde von der AfD blockiert, die nun wenigstens zuließ, mit der Verabschiedung nicht noch weitere zwei Tage zu warten. Der Abgeordnete Daniel Freiherr von Lützow (AfD) behauptete, das Gesetz sei überhaupt nicht notwendig. Andreas Büttner (Linke) sagte daraufhin: »Ich habe selten so einen Unfug gehört wie von Ihnen in dieser Situation.«
Nur die AfD stimmte gegen das Gesetz. Bei den Oppositionsparteien Linke und Freie Wähler bedankte sich die Koalition für die Zusammenarbeit in dieser Frage. Da schmunzelte Büttner: »Die Linke streckt die Hand sehr gerne aus. Sie dürfen sie nicht immer wegschlagen.«
Dafür gab es dann kurz darauf ein Beispiel. Linke und Freie Wähler hatten gemeinsam beantragt, zehn konkrete Vorschläge zu prüfen, wie das Land den Kommunen in der Coronakrise finanziell helfen kann. Aber das lehnte die rot-schwarz-grüne Koalition rundweg ab. Heiner Klemp (Grüne) tat so, als habe es die Opposition nur auf eine Ablehnung ihres Antrags angelegt, um sich künstlich darüber aufregen zu dürfen. Einige Ideen seien ja ganz vernünftig, aber andere nicht annehmbar, sagte Klemp.
Aber das hätte kein Hindernis sein müssen, die Vorschläge wenigstens einmal im Hauptausschuss zu besprechen. Andrea Johlige (Linke) vermutet jetzt, dass die Koalition in den nächsten Monaten noch Punkt für Punkt auf die zehn Ideen zurückgreifen werde, »weil der Druck der Kommunen zu groß ist«.
Das sieht der SPD-Abgeordnete Andreas Noak anders. Er mahnte, »bei aller Aufgeregtheit ein bisschen runterzukommen«. Es gebe ausreichend Geld für notleidende Kommunen. Hilferufe des Städte- und Gemeindebundes und einiger Bürgermeister und die damit verbundenen Schätzungen über wegbrechende Steuereinnahmen bügelte er mit dem Hinweis ab: »Prognosen sind keine Tatsachen.« Man wisse nicht, wie sich die Pandemie auf die Steuereinnahmen auswirke.
Da können sich Linke und Freie Wähler nur wundern. In der SPD gebe es doch genug Kommunalpolitiker, so sagen sie, die von akuten finanziellen Zwangslagen berichten können.