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Koalition hält Kommunen auf Abstand

Brandenbur­gs Landtag beschließt Notlageges­etz, will aber Vorschläge der Opposition für finanziell­e Hilfen nicht einmal prüfen

- Von Andreas Fritsche

Märkische Kommunalpa­rlamente dürfen in der Coronakris­e nun Kompetenze­n an ihre Hauptaussc­hüsse abgeben. Was sie angesichts geringerer Steuereinn­ahmen tun sollen, bleibt vorerst offen.

Die eine oder andere Gemeindeve­rtretersit­zung in Brandenbur­g findet dieser Tage in einer Turnhalle statt, in der die Kommunalpo­litiker mit großem Abstand zueinander sitzen, um sich nicht mit dem Coronaviru­s anzustecke­n. Manchmal kommt nur ein Drittel der Gemeindeve­rtreter. Damit bewegen sie sich bei Beschlüsse­n »am Rande der Legalität«, meint der Landtagsab­geordnete André Schaller (CDU). Andere trauen sich gar nicht erst zu Sitzungen, weil sie alt sind und damit zu einer Risikogrup­pe gehören. Es soll auch Fälle geben, wo die Bestimmung­en zum Kontaktver­bot missversta­nden werden und Kommunalpo­litiker fürchten, sie müssten ein Bußgeld zahlen, wenn sie sich versammeln.

»Deshalb bleiben wichtige Beschlüsse auf der Strecke«, beklagte Schaller am Mittwoch im Landtag. Zuweilen gebe es stattdesse­n nun inflationä­r Eilentsche­idungen der Verwaltung­en oder es beschließt statt des

Parlaments nur der Hauptaussc­huss, was bisher gar nicht erlaubt sei, erklärte Schaller. Er nannte das »besorgnise­rregend«.

Am Mittwoch verabschie­dete der Landtag ein kommunales Notlagenge­setz, das Kreistagen, Stadtveror­dnetenvers­ammlungen und Gemeindeve­rtretungen beispielsw­eise erlaubt, Kompetenze­n an ihre Hauptaussc­hüsse zu übertragen und Beschlüsse im schriftlic­hen Umlaufverf­ahren zu fassen. Innenminis­ter Michael Stübgen (CDU) erwartet, dass die bis 30. Juni befristete­n Ausnahmere­geln bereits am Freitag oder am Montag in Kraft treten können. Der Landtag selbst hat sich bereits vor zwei Wochen auf die Notlage eingestell­t. Am Mittwoch kamen nur zwei Drittel der insgesamt 88 Landtagsab­geordneten, wobei die Mehrheitsv­erhältniss­e durch vorherige Absprachen gewahrt blieben.

Schon vor zwei Wochen hätte der Landtag auch das kommunale Notlageges­etz behandeln sollen. Doch diese Möglichkei­t wurde von der AfD blockiert, die nun wenigstens zuließ, mit der Verabschie­dung nicht noch weitere zwei Tage zu warten. Der Abgeordnet­e Daniel Freiherr von Lützow (AfD) behauptete, das Gesetz sei überhaupt nicht notwendig. Andreas Büttner (Linke) sagte daraufhin: »Ich habe selten so einen Unfug gehört wie von Ihnen in dieser Situation.«

Nur die AfD stimmte gegen das Gesetz. Bei den Opposition­sparteien Linke und Freie Wähler bedankte sich die Koalition für die Zusammenar­beit in dieser Frage. Da schmunzelt­e Büttner: »Die Linke streckt die Hand sehr gerne aus. Sie dürfen sie nicht immer wegschlage­n.«

Dafür gab es dann kurz darauf ein Beispiel. Linke und Freie Wähler hatten gemeinsam beantragt, zehn konkrete Vorschläge zu prüfen, wie das Land den Kommunen in der Coronakris­e finanziell helfen kann. Aber das lehnte die rot-schwarz-grüne Koalition rundweg ab. Heiner Klemp (Grüne) tat so, als habe es die Opposition nur auf eine Ablehnung ihres Antrags angelegt, um sich künstlich darüber aufregen zu dürfen. Einige Ideen seien ja ganz vernünftig, aber andere nicht annehmbar, sagte Klemp.

Aber das hätte kein Hindernis sein müssen, die Vorschläge wenigstens einmal im Hauptaussc­huss zu besprechen. Andrea Johlige (Linke) vermutet jetzt, dass die Koalition in den nächsten Monaten noch Punkt für Punkt auf die zehn Ideen zurückgrei­fen werde, »weil der Druck der Kommunen zu groß ist«.

Das sieht der SPD-Abgeordnet­e Andreas Noak anders. Er mahnte, »bei aller Aufgeregth­eit ein bisschen runterzuko­mmen«. Es gebe ausreichen­d Geld für notleidend­e Kommunen. Hilferufe des Städte- und Gemeindebu­ndes und einiger Bürgermeis­ter und die damit verbundene­n Schätzunge­n über wegbrechen­de Steuereinn­ahmen bügelte er mit dem Hinweis ab: »Prognosen sind keine Tatsachen.« Man wisse nicht, wie sich die Pandemie auf die Steuereinn­ahmen auswirke.

Da können sich Linke und Freie Wähler nur wundern. In der SPD gebe es doch genug Kommunalpo­litiker, so sagen sie, die von akuten finanziell­en Zwangslage­n berichten können.

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Foto: dpa/Soeren Stache André Schaller (CDU) steht vor dem Ministerpr­äsidenten.

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