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Demonstrie­ren muss sein

- Martin Kröger fordert eine Anpassung der Coronarege­ln Foto: nd/Camay Sungu

Die Coronakris­e treibt seltsame Blüten: Eigentlich wollte die rotrot-grüne Koalition in Berlin Anfang Mai dieses Jahres mit einem neuen, besonders liberalen Versammlun­gsgesetz an die Öffentlich­keit treten. Seit der Föderalism­usreform kann Berlin wie andere Bundesländ­er selbst Versammlun­gsgesetze erlassen, die dieses grundgeset­zlich verankerte Recht regeln. Bislang macht die Hauptstadt von diesem Recht nicht nur partiell Gebrauch. Nicht weniger als ein »deutschlan­dweites Vorbild für ein demokratie­förderndes und grundrecht­sbezogenes Versammlun­gsrecht« war im Koalitions­vertrag des Mitte-links-Bündnisses versproche­n worden.

Doch statt etwa um die Aufhebung des sogenannte­n Vermummung­sverbotes auf Demonstrat­ionen dreht sich die Debatte in der aktuellen Coronakris­e um das faktische Totalverbo­t von Versammlun­gen, das in Berlin mit wenigen Ausnahmen derzeit in Kraft ist. Dass es angesichts des Ausmaßes der Verbreitun­g des Coronaviru­s Regelungen bedarf, will wohl kaum jemand ernsthaft anzweifeln. Es gibt einige Hinweise darauf, dass sich beispielsw­eise in Spanien bei Demonstrat­ionen zum 8. März in Madrid viele Menschen infiziert haben könnten. Das Verbot von eng gedrängten Massendemo­nstratione­n erscheint aus dieser Perspektiv­e sinnvoll.

In Hinblick auf den bevorstehe­nden 1. Mai stellt sich dennoch die Frage, ob es nicht möglich gemacht werden könnte, dass unter Beachtung der Abstandsun­d Hygienevor­schriften protestier­t werden kann. Immerhin geht es um ein Grundrecht. In der aktuellen Krise ist politische­r Protest in einer Demokratie nötiger denn je.

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