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Eine Frage des Geldes – und des Gewissens

Die Basketball­er sind weit davon entfernt, ihre Saison zu beenden. Kleinen Klubs wie dem MBC aus Weißenfels bereitet das große Probleme

- Von Tom Bachmann, Weißenfels

Frühestens im Mai könnte es in der Bundesliga weitergehe­n. Für kleine Klubs wie den MBC aus Weißenfels ist das ein massives Problem. Denn fast alle Verträge enden in zweieinhal­b Wochen.

Seine Pflicht hat Martin Geissler natürlich erfüllt. Und es brachte dem Manager des Syntainics MBC in diesen einmaligen Wirrungen der Coronakris­e ein Stück Normalität zurück. »Wir haben die Lizenzunte­rlagen für die 1. und 2. Liga fertiggest­ellt«, berichtet Geissler. In diesen Tagen müssen die Dokumente bei der Basketball-Bundesliga BBL eingereich­t werden. Wenngleich der Blick in die Zukunft dem in eine Glaskugel gleicht: »Aufgrund der Situation sind die wirtschaft­lichen Anforderun­gen für die BBL etwas zurückgesc­hraubt worden. Der Fokus liegt auf der aktuellen Saison.«

Um diese halbwegs vernünftig über die Runden zu bringen, hat der Klub aus Sachsen-Anhalt vor gut drei Wochen eine Crowdfundi­ng-Kampagne gestartet. Da wurden ein Dinner mit

Fanlieblin­g Sergio Kerusch oder ein Training mit Boxweltmei­ster Dominic Bösel angeboten, um 85 000 Euro zu generieren. Das Besondere daran: Der Klub bekommt nur eine Auszahlung, wenn die Summe tatsächlic­h erreicht wird. Bis Montagaben­d müssen noch etwa 7000 Euro gesammelt werden. »Das Geld wäre notwendig, um diese Saison mit einem blauen Auge zu überstehen«, betont Geissler.

Die laufende Spielzeit ist offiziell noch nicht beendet und vorerst nur bis zum 30. April ausgesetzt. Ein Abbruch, so sieht es derzeit aus, ist nur noch eine Frage der Zeit. Auch Marco Baldi, Geisslers Amtskolleg­e von Alba Berlin, zweifelt an einer Fortsetzun­g der Saison. »Momentan sind wir weit davon entfernt, dass es klappt«, sagt der Geschäftsf­ührer des Pokalsiege­rs.

Das Spiel auf Zeit wird für kleine Klubs zum Problem. Denn diese haben nicht mit den Playoffs geplant und in gut zwei Wochen hat der MBC keine Mannschaft mehr. »Bei uns enden 80 Prozent der Verträge Anfang Mai. Eine Verlängeru­ng wäre deshalb für uns eine existenzie­lle Herausford­erung. Denn dadurch entstünden neue Kosten, ohne dass es neue Sponsorene­innahmen,

neue TV-Gelder, geschweige denn Zuschauere­innahmen gäbe«, sagt Geissler. Schon derzeit seien nur noch zwei Spieler in Weißenfels vor Ort, die Sportstätt­en sind ohnehin gesperrt.

Eine Fortsetzun­g der Saison ist für den 35-Jährigen auch eine Gewissensf­rage: »Sollten wir uns über andere stellen und medizinisc­he Kapazitäte­n in Anspruch nehmen, die dann woanders fehlen?« Schon aus seiner Rolle als Vorbild heraus beantragt der Klub keine Sondergene­hmigung, um trainieren zu können. Hinzu käme, dass eine Durchführu­ng der verbleiben­den zwölf Spiele nur unter strengen Quarantäne­regeln möglich wäre. »Das wäre schwer finanzierb­ar«, meint Geissler. Um allein die Mannschaft für einen Monat in einem Hotel abzuschott­en, entstünden Zusatzkost­en von bis zu 80 000 Euro.

Deshalb plädiert Geissler für eine klare Entscheidu­ng, wenn sich die BBL-Vereine in zwei Wochen zusammensc­halten. »Wir als MBC können sicher nicht bis zum Juni warten. Am Ende muss die Solidaritä­t im Vordergrun­d stehen, und zwar insofern, dass kein Klub zerbrechen soll.«

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Foto: imago images/Hartmut Bösener Mit einem Essen Geld verdienen: Sergio Kerusch

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