nd.DerTag

Der Bund als Aufstocker

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Ines Wallrodt über die Forderung nach mehr Kurzarbeit­ergeld

Mit jeder weiteren Corona-Woche schicken mehr Betriebe ihre Mitarbeite­r in Kurzarbeit. Millionen Beschäftig­te sind bis auf Weiteres auf das angewiesen, was die Bundesagen­tur für Arbeit überweist. Das ist für viele viel zu wenig. Anders als in der Krise von 2009 sind heute mit Tourismus, Kultur oder Gaststätte­n klassische Niedrigloh­nbranchen besonders betroffen. Mit 40 Prozent weniger vom Nettolohn landet eine Köchin in Berlin bei 900 Euro. Deshalb hat der Streit über die angemessen­e Höhe des Kurzarbeit­ergeldes nichts mit einer Auktion zu tun, sondern ist existenzie­ll.

Dabei ist der Blick Richtung Unternehme­n, die zum Teil jahrelang gute Gewinne eingefahre­n haben und sich nun auf Staatskost­en einen schlanken Fuß machen, zunächst einmal richtig. Nur, wenn sie das Kurzarbeit­ergeld nicht aufstocken wollen oder tatsächlic­h nicht können, darf es nicht sein, dass dies die Beschäftig­ten bezahlen müssen. Die Union will davon mit fadenschei­nigen Argumenten ablenken. Liquidität­sengpässe, die drohen könnten, weil Betriebe das Geld erst mal vorstrecke­n müssen, lassen sich ebenso lösen wie das ernstere Problem, dass die Reserven der Bundesagen­tur möglicherw­eise nicht reichen. Dann muss der Bund eben zuschießen. Das wäre ohnehin richtig. Denn es ist falsch, Kurzarbeit allein von den Beitragsza­hlern finanziere­n zu lassen. Die Bewältigun­g der Pandemie ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe: Wer den Geldhahn beim Kurzarbeit­ergeld zudreht, lässt die Beschäftig­ten im Stich.

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