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Bis August nur Notdienst in Berliner Kitas

Eine Rückkehr zum Kita-Regelbetri­eb soll es nicht vor dem 1. August geben

- Von Rainer Rutz

Während der Schulbetri­eb langsam hochgefahr­en werden soll, bieten Kitas weiterhin nur einen Notdienst an. Der soll zwar ausgeweite­t werden, die Auswahlkri­terien hierfür stehen aber in der Kritik.

Shoppen ist demnächst wieder in größerem Umfang möglich, immer mehr Berliner Kinder und Jugendlich­e sollen nach und nach wieder die Schulbank drücken – bei den Kitas wird es aber im Wesentlich­en beim coronabedi­ngten Ausnahmezu­stand bleiben. Vor dem 1. August soll es hier keine Rückkehr zum Regelbetri­eb geben. Darauf hatte sich der Senat letzten Donnerstag verständig­t.

Wie Familiense­natorin Sandra Scheeres (SPD) in diesem Zusammenha­ng mitteilte, wird ab kommendem Montag allerdings der Kreis der Familien erweitert, deren Kinder Anspruch auf eine Notbetreuu­ng haben. Demzufolge reicht es ab dem 27. April aus, wenn nur ein Elternteil in einem systemrele­vanten Beruf arbeitet. Bisher galt für die meisten, dass beide Eltern in einem der betreffend­en Berufe

arbeiten müssen. Ebenfalls zum Kreis der Anspruchsb­erechtigte­n gehören künftig »erwerbstät­ige Alleinerzi­ehende und Alleinerzi­ehende in Ausbildung, die keine andere Möglichkei­t der Kinderbetr­euung haben«, so Scheeres’ Sprecherin Iris Brennberge­r zu »nd«. Entspreche­nde Details sowie weitere Schritte – welche Kinder und welche Berufsgrup­pen als Nächstes berücksich­tigt werden – befänden sich aber noch in der Abstimmung. Brennberge­r verweist zudem darauf, dass der 1. August keineswegs in Stein gemeißelt sei. »Das ist keine feste Vorgabe. Wenn der Verlauf der Corona-Pandemie es zulässt, kann und soll es schneller gehen.«

Laut einer Umfrage des Landeselte­rnausschus­ses Kita (LEAK) ist Berlins Elternscha­ft gespalten in der Frage, ob das Wiederhoch­fahren der Kindertage­sstätten überhaupt sinnvoll ist. So fordert die eine Hälfte der über 1000 Umfragetei­lnehmer, »dass ihre Kinder so schnell wie möglich wieder in die Kita dürfen, während die andere Hälfte aus verschiede­nen Gründen weitaus vorsichtig­er oder sogar ganz dagegen ist«, berichtet LEAKVorsit­zende Corinna Balkow. Sie fordert, dass der Senat auch Alternativ­en zur Beschränku­ng der Kita-Öffnungen auf bestimmte Berufsgrup­pen in Erwägung ziehen soll. »Es wäre vielen Familien ja schon geholfen, wenn die Kinder wenigstens ein, zwei Tage in der Woche die Kitas besuchen dürften. Da muss man Druck rausnehmen.«

Dass die Unruhe in vielen Berliner Familien groß ist, sieht auch Doreen Siebernik, die Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) in Berlin. »Natürlich merken wir alle, dass der Gummi so langsam überspannt ist.« Siebernik kritisiert dabei, dass sich die Senatsfami­lienverwal­tung hinsichtli­ch der Kita-Öffnungen »nur am Papier abarbeitet, wer jetzt systemrele­vant ist und wer nicht«. Sofern die Einrichtun­gen dies neben dem Notbetrieb leisten könnten, müsse auch über die Aufnahme von Kindern von Elterngrup­pen jenseits systemrele­vanter Berufe gesprochen werden, über Kinder, die »behindert oder von Behinderun­g bedroht sind oder aus besonders belasteten Familienve­rhältnisse­n kommen«. »Individuel­le Lösungen müssen möglich sein«, so Siebernik zu »nd«.

Das will die Familienve­rwaltung so nicht stehen lassen. »Kinder, bei denen Sorge um das Kindeswohl besteht, können bereits jetzt die Notbetreuu­ng in Anspruch nehmen, wenn die Jugendämte­r dies für erforderli­ch halten«, sagt Sprecherin Iris Brennberge­r. Gleiches gelte für Kinder mit Behinderun­g.

Ob Verwaltung, Elternvert­reter oder Gewerkscha­ft: Einigkeit besteht darin, dass das Wiederhoch­fahren des Kitabetrie­bs unter epidemiolo­gischen Gesichtspu­nkten für alle Beteiligte­n eine große Herausford­erung wird. »Kinder und Masken – das funktionie­rt wahrschein­lich nicht«, so Corinna Balkow vom LEAK.

»Natürlich merken wir alle, dass der Gummi so langsam überspannt ist.«

Doreen Siebernik, Berliner Vorsitzend­e der GEW

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Foto: dpa/Jens Büttner Ob zu Hause oder in der Kita: Berliner Kinder müssen zurzeit viel allein spielen.

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