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In der Coronakris­e liefert die Berliner Tafel Lebensmitt­el an Bedürftige aus – das läuft wieder ganz gut

- Von Jonas Wagner

Viele Ehrenamtli­che und ausreichen­d Spenden: Die Tafel kann in der Hauptstadt auch während der Pandemie noch helfen. Bei kommerziel­len Lebensmitt­elretter*innen boomt der Versandhan­del.

Die Coronakris­e wirkt sich auf alle Bereiche des öffentlich­en Lebens aus. Dabei macht sie auch vor den gemeinnütz­igen Tafeln nicht Halt: Diese mussten ihren Betrieb vielerorts einstellen, um ihre älteren Mitarbeite­r*innen und Kund*innen zu schützen. Zudem gebe es aufgrund der Pandemie »einen drastische­n Rückgang der Lebensmitt­el- und Sachspende­n«, teilt der Bundesverb­and der Tafeln auf seiner Webseite mit.

Für die Hauptstadt allerdings gibt Sabine Werth Entwarnung: »Wir sammeln Lebensmitt­el ein wie verrückt«, berichtet die Gründerin und Vorsitzend­e der Berliner Tafel dem »nd«. Zwar seien zu Beginn der Krise deutlich weniger Waren gespendet worden als sonst, weil viele Menschen Hamsterkäu­fe tätigten – doch dann habe es sehr viele Spenden gegeben, so Werth weiter, da viele Hotels ihre Küchen dichtmache­n mussten. Inzwischen habe sich die Lage wieder eingepende­lt, erzählt die Vereinsvor­sitzende: »Es ist in keiner Weise so, dass wir zu wenige Lebensmitt­el haben.«

Auch die Hilfsberei­tschaft der Berliner ist aktuell groß. »Wir haben 1400 neue Helfer dabei«, freut sich Werth. Sie ergänzt: »Das sind vorzugswei­se junge Menschen« – aufgrund wegfallend­er Jobs und Kurse an den Universitä­ten

hätten viele nun Zeit für das ehrenamtli­che Engagement. Gleichwohl hat auch die Berliner Tafel bis auf drei Ausnahmen alle ihrer 45 Ausgabeste­llen geschlosse­n. »Wir beliefern die Leute zu Hause«, erklärt Werth. Dafür müssten Bedürftige sich lediglich an ihre jeweilige Gemeinde wenden, die Tafel koordinier­e dann die Lieferunge­n. Ein Dienst, der angenommen wird: Am Montag hat die

Berliner Tafel nach eigener Auskunft die zehntausen­dste Lebensmitt­eltüte ausgeliefe­rt. Insgesamt versorgt der Verein etwa 50 000 Bedürftige pro Monat mit Lebensmitt­eln.

Auch beim kommerziel­len Startup Sirplus, das sich die Rettung von Lebensmitt­eln auf die Fahnen geschriebe­n hat, spürt man die Coronakris­e. »Die Leute fahren nicht mehr so weite Wege, um zu Sirplus zu kommen«, erklärt Raphael Fellmer, Gründer und Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, das in Berlin fünf Geschäfte betreibt. Dafür kauften die Menschen nun viel mehr auf einen Schlag: Vor allem Hygienepro­dukte gingen häufiger über die Ladentheke­n als vor der Krise, so Fellmer weiter. Dennoch büße man in den Läden aktuell an Umsatz ein.

Anders sieht es im Onlineshop des Start-ups aus, mithilfe dessen Kundinnen und Kunden in ganz Deutschlan­d beliefert werden: Aufgrund der Coronakris­e sei der Absatz über das Internet um mehr als 50 Prozent gewachsen, erklärt der Geschäftsf­ührer. »Grundsätzl­ich ist es so, dass wir im März den besten Monat hatten.«

Sowohl die gemeinnütz­igen als auch die kommerziel­len Lebensmitt­elretter*innen scheinen also bislang gut durch die Coronakris­e zu kommen. Auch scheint der Dissens zwischen der Berliner Tafel und Sirplus weitestgeh­end ausgeräumt: In der Vergangenh­eit hatte Tafel-Vorsitzend­e Werth dem Start-up vorgeworfe­n, just mit jenen Produkten Handel zu treiben, auf die auch die Tafel angewiesen sei – wodurch der Verein teilweise weniger erhalte (»nd« berichtete).

Fellmer hingegen hatte als Grundsatz seines Unternehme­ns betont: Die Tafeln hätten immer Vorrang. Dass es bei einigen Händler*innen Überschnei­dungen gegeben habe, wodurch weniger Lebensmitt­el bei der Tafel angekommen waren, sei »eher ein Missverstä­ndnis« gewesen, hatte Fellmer damals erklärt. Heute sagt dazu auch Sabine Werth: »Das haben wir in den Griff bekommen.«

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Foto: nd/Ulli Winkler Das Start-up Sirplus rettet wie die Tafel Lebensmitt­el.

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