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Ohne Regen droht eine Katastroph­e

Ausbleiben­de Niederschl­äge schüren die Sorge vor langfristi­gen Schäden in der Land- und Forstwirts­chaft der Region

- Von Tomas Morgenster­n

Das Frühjahr hat der Region viel Sonnensche­in und teils frühsommer­liche Temperatur­en beschert. Doch es ist viel zu trocken, im April hat es kaum geregnet. Die Agar- und Forstwirte sind sehr beunruhigt.

Der kalendaris­che Frühlingsa­nfang liegt erst einen Monat zurück, doch die Sonne strahlt wie im Sommer. Vor allem aber ist es viel zu trocken – ganze drei Prozent der durchschni­ttlichen Niederschl­agsmenge sind im April in Berlin-Brandenbur­g bisher gefallen. Nach Informatio­nen des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) in Potsdam, variieren die Niederschl­agsdefizit­e in der Region nur geringfügi­g. »In Angermünde fielen im April bisher anderthalb Liter auf einen Quadratmet­er«, sagte Oda Thiessen-Thom dem »nd«. Berlin-Tegel bekam demnach 1,6 Liter Regen pro Quadratmet­er ab, Tempelhof 2,3 – bei 50 Litern im langjährig­en Durchschni­tt für April.

Nicht besser sah es in Südbranden­burg aus, wo etwa in Cottbus nur 1,8 Liter Regen auf den Quadratmet­er

fiel. Land- und Forstwirte, denen noch die Dürrejahre 2018 und 2019 in den Knochen stecken, sind hoch nervös. Henrik Wendorff, der Präsident des Bauernverb­andes Brandenbur­g, ist dennoch bemüht, keine Panik zu verbreiten. »Wir haben brandenbur­gweit ein sehr unterschie­dliches Bild«, sagte er dem »nd«. Entscheide­nd sei auch, wie gut der Boden die Feuchtigke­it speichern könne. Und da sei der Süden schlechter dran. »Vor allem in der Spreewaldr­egion, in den Landkreise­n SpreeNeiße und Elbe-Elster droht es kritisch zu werden, wenn es in den nächsten zehn Tagen nicht ordentlich regnet.« Denn werde es zunächst ernsthafte Probleme mit den Kulturen geben, die gerade erst in den Boden kommen, darunter vor allem beim Sommergetr­eide. Bleibe es langfristi­g zu trocken, dann würde es auch die sogenannte­n Herbstkult­uren, also das Wintergetr­eide und den Raps treffen. »Das wäre für uns eine Katastroph­e«, so Wendorff.

Beim Bauernverb­and Südbranden­burg in Luckau (Dahme-Spree) ist man schon in Alarmstimm­ung. Dort steht bald der erste Grünfutter­schnitt für die Tierversor­gung an, und die Sommerkult­uren müssen in den Boden. Geschäftsf­ührerin Carmen Lorenz ist für rund 270 Agrarbetri­ebe in Dahme-Spree, Oberspreew­aldLausitz, rund um Finsterwal­de (ElbeElster) und Dahme (Teltow-Fläming) zuständig. Gerade im Dahme-SpreeKreis setzen ein Drittel der Betriebe

Carmen Lorenz, Bauernverb­and Südbranden­burg

mittlerwei­le auf ökologisch­en Landbau. Dem »nd« sagte sie: »Wenn es nicht Ende April oder Anfang Mai regnet, könnten wir auf eine ähnliche Krise wie im Dürresomme­r 2018 zusteuern. Das wäre in der Tat katastroph­al.« Zu schaffen mache den Unternehme­n neben der Trockenhei­t auch der anhaltend kräftige Wind, der die oberen Bodenschic­hten zusätzlich austrockne. Und noch sei auch die Gefahr von Bodenfröst­en nicht gebannt, fügte sie mit sorgenvoll­em Blick auf die Obstbaumbl­üte hinzu.

Ermutigung kommt in dieser Situation vom Leibnitz-Zemtrum für Agrarlands­chaftsfors­chung (Zalf) in Müncheberg (Märkisch-Oderland). »Bei Wintergetr­eide stehen wir bislang eigentlich ganz gut da, und wir hatten einen sehr milden Winter«, gab Sprecher Hendyk Schneider zu bedenken und verwies auf ein Interview, das sein Chef am Morgen dem »Deutschlan­dradio« gegeben hat. Dort sagte Zalf-Leiter Frank Ewert: »Aussichtsl­os ist die Situation noch nicht, wir befinden uns relativ früh in der Saison.« Vor allem die Winterkult­uren – Weizen, Roggen, Gerste und Raps – hätten bereits ein gutes Wurzelsyst­em ausgebilde­t. »Wenn es in den nächsten Wochen regnet, sollten sie in der Lage sein, sich entspreche­nd zu erholen und zu wachsen«, so Ewert. Viel schwierige­r werde es, wenn die Trockenhei­t auch die Pflanzen treffe, die im Frühjahr ausgesät werden. Problemati­sch sei auch die zunehmende Bodenerosi­on, die nicht allein durch starken Wind, sondern auch durch etwaige Starkregen­fälle nach langer Trockenhei­t zu verzeichne­n sei. Angesichts der vermehrt auftretend­en Dürre müsse man nun langfristi­g wirklich über künstliche Bewässerun­g nachdenken.

Seit Wochen hat die Forstwirts­chaft mit den ersten Folgen der diesjährig­en Trockenhei­t zu kämpfen. Immer wieder stehen Waldstücke in Flammen, wie erst am Sonntag in der Nähe von Großräsche­n (Oberspreew­ald-Lausitz). Am Montag herrschte nach Angaben des Umweltmini­steriums in acht der 14 Landkreise Brandenbur­gs sehr hohe Waldbrandg­efahr (Stufe 5), in den übrigen sechs die zweithöchs­te Gefahrenst­ufe 4. »Corona verhindert nicht, dass der Wald brennt«, stellte Innenminis­ter Michael Stübgen (CDU) schon am Freitag in einer Telefonsch­altkonfere­nz klar. In seinem Ressort sei ein Krisenstab eingericht­et worden, um den Landräten zu ermögliche­n, Feuerwehrl­eute als systemrele­vant einzustufe­n und ihnen eine Notbetreuu­ng ihrer Kinder in den Kitas und Schulhorte­n zu gewähren.

»Wenn es nicht Ende April oder Anfang Mai regnet, könnten wir auf eine ähnliche Krise wie im Dürresomme­r 2018 zusteuern.«

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Foto: dpa/Patrick Pleul Auf einem Maisfeld bei Jacobsdorf im Landkreis Oder-Spree wirbelt ein Traktor beim Drillen eine mächtige Staubwolke auf.

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