Tödliches Geschäft mit Pestiziden
Studie: Bayer und BASF exportieren in der EU verbotene Unkraut- und Schädlingsvernichtungsmittel
Eine Untersuchung belegt, dass die deutschen Global Player auf dem Weltmarkt für Pestizide Profite mit Wirkstoffen machen, die in der EU längst verboten sind.
Die Zahlen sind eindrucksvoll. Bayer ist mit einem Umsatz von 10,6 Milliarden US-Dollar die Nummer zwei auf dem globalen Pestizidmarkt, BASF mit 6,9 Milliarden US-Dollar die Nummer drei. Beide Unternehmen bieten eine breite Produktpalette von Pestiziden an, Deutschland ist nach China das zweitwichtigste Exportland für Agrargifte und Schädlingsbekämpfungsmittel.
Das Geschäft mit den oftmals toxischen Wirkstoffen hat allerdings eine Kehrseite, und auf die weist die Studie »Gefährliche Pestizide« hin, die kurz vor der aufgrund der Corona-Pandemie am kommenden Dienstag nur virtuell stattfindenden Bayer-Hauptversammlung vorgelegt wurde. Danach müssen jedes Jahr mindestens drei Millionen Menschen wegen einer akuten Pestizidvergiftung behandelt werden, 20 000 bis 40 000 sterben daran. 99 Prozent der Fälle ereignen sich in Afrika, Asien und Lateinamerika. Die Wirkstoffe für die oftmals vor Ort zusammengemischten Giftcocktails kommen zu großen Teilen aus Europa – unter anderem von Bayer und BASF.
»Auf südafrikanischen Zitrusfarmen haben wir verschiedene BASF-Produkte gefunden, die in den EU-Mitgliedsstaaten nicht zugelassen sind. Auf denselben Farmen führen Vergiftungen beim Sprühen dazu, dass Arbeiter*innen im Krankenhaus behandelt werden müssen«, sagt Jan Urhahn, Agrarexperte der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die die Studie zusammen mit den Einwicklungsnetzwerken Misereor und Inkota am Donnerstag veröffentlicht hat.
Sicheres Sprühen in Entwicklungswie Schwellenländern ist ein Mythos, wie das Beispiel Brasiliens zeigt, wo nach wie vor toxische Cocktails aus Flugzeugen versprüht werden – oft während die Arbeiter*innen auf den Plantagen Bananen, Ananas und Co. ernten. Unstrittig ist, dass die Exporteure der Pflanzen- und Schädlingsgifte es besser wissen könnten. »Konzerne produzieren so lange, wie es sich lohnt«, sagt Susan Haffmans vom Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN). Sie plädiert gemeinsam mit den Autoren der Studie für ein deutsches Exportverbot für in der EU nicht genehmigte Pestizidwirkstoffe. Frankreich habe vorgemacht, wie es gehe, so Haffmans. Dort ist der Export von in der EU verbotenen Pestiziden illegal. Sollte Deutschland nachziehen, so die Hoffnung, könne eine EU-weite Regelung auf den Weg gebracht werden. Für die deutschen Pestizidkonzerne wäre das eine negative Nachricht, für die
Landarbeiter im globalen Süden ein Segen.
Bayer und BASF haben die in einer Studie geäußerten Vorwürfe zurückgewiesen. »Allein die Tatsache, dass ein Pflanzenschutzmittel nicht in der EU zugelassen ist, sagt nichts über seine Sicherheit aus und stellt mitnichten einen Doppelstandard dar«, sagte ein Sprecher von Bayer am Donnerstag. Ähnliches ließ BASF verlauten.
Knut Henkel über den Export in der EU verbotener Pestizide
»Wir versprechen, niemals Kompromisse mit der Sicherheit einzugehen«, lautete der Slogan, der bis Januar 2020 auf der Homepage von BASF zu lesen war. Doch die Realität im internationalen Geschäft mit Pflanzengiften sieht anders aus. Zumindest wenn es um den Export von Wirkstoffen geht, die nicht für den EU-Markt bestimmt sind. Generell gilt: Was in der EU nicht genehmigt oder vom Markt genommen wird, wird eben nicht automatisch auch für den Rest der Welt gesperrt.
Die Wirkstoffe werden in aller Regel weiter in Länder exportiert, deren Pestizid-Gesetze deutlich laxer sind als innerhalb der EU. Zudem sind die dortigen Aufsichtsbehörden oft kaum in der Lage, der einflussreichen Pestizid-Lobby Paroli zu bieten. Das Vorgehen hat Tradition, wie das Beispiel von DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) zeigt. Dieses hochgiftige Insektizid kam auch lange Zeit nach seinem EU-weiten Verbot in den 1970er Jahren noch in Entwicklungsländern zum Einsatz.
Dabei geht es auch anders, wie das französische Beispiel zeigt, wo die Regierung den Export von in der EU nicht genehmigten Pestizidwirkstoffen untersagte. Das sollte EU-weit Schule machen, denn die Folgen des Exports hochtoxischer Wirkstoffe in Länder wie Brasilien oder Südafrika sind tödlich.