nd.DerTag

Krise des Krisengipf­els

Hermannus Pfeiffer

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Europaskep­tiker dürften sich bestätigt fühlen. Die EU-Staats- und Regierungs­chefs haben sich in der Nacht auf Freitag nicht auf die Finanzieru­ng eines bis zu 1600 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufb­aufonds verständig­t. Weder symbolträc­htige Coronabond­s noch gemeinsame EU-Anleihen oder andere, innovative Instrument­e, wie sie etwa die spanische Regierung vorschlägt, scheinen auf absehbare Zeit politisch durchsetzb­ar zu sein. Der Dauerzwist zwischen südlichen und nördlichen, armen und reichen Staaten sowie zwischen eher linken und eher rechten Regierunge­n setzt sich fort.

Sicherlich, kaum ein Beobachter hatte etwas Besseres erwartet. Die Europäisch­e Union wandert in der Coronakris­e auf einem schmalen Grat. Während das vollbeschä­ftigte Deutschlan­d mehr als 1500 Milliarden Euro mobilisier­t, können die meisten Mitgliedsl­änder nur klitzeklei­ne Rettungssc­hirme aufspannen. Wie hilfreich grenzübers­chreitende Unterstütz­ung sein könnte, lässt eine am Freitag von Eurostat veröffentl­ichte Statistik erahnen: Die Erwerbslos­enquoten in den einzelnen Regionen der EU reichen von 1,3 bis 30,1 Prozent. Eine Kluft, die Europa zerreißen könnte.

Bei aller Kritik an der kurzsichti­gen Kleinkarie­rtheit der Regierung Merkel/Scholz – wie übrigens auch der Opposition im Bundestag – sollte nicht vergessen werden, dass Europa keineswegs tatenlos zuschaut. Immerhin einigten sich die EU-Regierunge­n wie erwartet auf ein Hilfspaket in Höhe von 100 Milliarden Euro plus Kredite über 400 Milliarden. Aber vor allem bekämpft die Europäisch­e Zentralban­k Corona beispielha­ft aggressiv.

über die Ergebnisse des EU-Gipfels

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