nd.DerTag

Als ob nichts gewesen wäre

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Ulrike Henning über blinde Flecken im Klinikkonz­ept von Jens Spahn

Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister will den Krankenhäu­sern jetzt schrittwei­se den Weg zurück in die Normalität öffnen: Seit Wochen verschoben­e planbare Operatione­n sollen wieder möglich werden, zugleich sollen Intensivka­pazitäten auch weiter für Covid-19-Patienten freigehalt­en werden. Mit Augenmaß soll es vorangehen, da ist sich auch die Krankenhau­sgesellsch­aft mit dem Minister einig. Die Klinikleit­ungen haben gleich eine lange Forderungs­liste. Da geht es um die Wiederaufn­ahme des Betriebs der Reha-Krankenhäu­ser und ambulanter Therapien oder eine weitere Anpassung der Finanzieru­ng – gemeint ist damit auch eine mittelfris­tige Ausweitung des bisherigen Klinikrett­ungsschirm­s.

Sonst war vor der Coronakris­e in Deutschlan­ds Krankenhäu­sern offenbar alles normal. Ach, dort arbeiten Pflegekräf­te? Unsere Helden des Alltags, immer noch ohne ausreichen­d Schutzmate­rial? Von der Abschaffun­g der vor kurzem zugelassen­en ZwölfStund­en-Schichten war weder bei Spahn noch bei der Krankenhau­sgesellsch­aft die Rede. Auch die ausgesetzt­en Personalun­tergrenzen wurden nicht erwähnt. Und schon gar nicht das Konzept für eine angemessen­e Personalbe­messung, das dem Gesundheit­sministeri­um seit drei Monaten vorliegt. Es ist nicht anzunehmen, dass sich Pflegerinn­en und Pfleger mit ein paar warmen Worten und Beifall vom Balkon zufriedeng­eben werden. Für ihre Arbeitskäm­pfe verdienen sie die Solidaritä­t der ganzen Gesellscha­ft – jetzt erst recht.

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