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Schule fernab der Normalität

Kultusmini­ster der Länder legen einen Plan vor, wie Schüler bis zu den Sommerferi­en lernen sollen

- Von Stefan Otto

Geht es nach den Bildungsmi­nistern, dann sollen alle Schüler zumindest tageweise unterricht­et werden. Ein pädagogisc­her Ausnahmezu­stand wird aber weiterhin bestehen.

Seit sechs Wochen sind die Schulen jetzt schon verwaist. Während sich sonst fast alle auf die Ferien freuen, um eine Pause vom Lernen zu haben, erfahren die Schulen jetzt, wo ihr Betrieb jäh per Anordnung geschlosse­n wurde, eine ungewohnte Wertschätz­ung. Denn sie werden weniger als Lernfabrik­en wahrgenomm­en, sondern auch als soziale Orte, wo Freundscha­ften entstehen, an denen verschiede­ne Milieus zusammenko­mmen, und die dafür sorgen, dass – allen pädagogisc­hen Defiziten zum Trotz –, überhaupt über Chancengle­ichheit diskutiert werden kann. Ohne Schulen würde der Einfluss der Eltern bei der Bildung noch viel entscheide­nder sein.

Für die Mehrheit der Eltern sind die Schulschli­eßungen jedoch längst zu einer Belastung geworden. Fast die Hälfte (43 Prozent) gab kürzlich bei einer Umfrage der Vodafone-Stiftung an, dass es für sie schwierig ist, ihre Kinder beim Lernen zu unterstütz­en. Viele sehnen sich nach einem Ende des Unterricht­s daheim, der oft wie ein Berg von Hausaufgab­en ist, der abgearbeit­et werden muss. Gerade Eltern mit niedrigen Bildungsab­schlüssen befürchten, dass ihre Kinder den Anschluss an den Schulstoff verlieren könnten.

Die Kultusmini­ster der Länder beraten schon lange, wie zum Unterricht an den Schulen zurückgeke­hrt werden kann. Leicht wird das nicht, gleicht doch der normale Schulbetri­eb einer »Großverans­taltung«, wie es die Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) jüngst sagte. Schnell können die Einrichtun­gen zur »Virenschle­uder« werden. Eine unbedachte Wiedereröf­fnung der Schulen, ein Nachgeben der Wünsche vieler Eltern, kann mitunter dazu führen, dass es bei der Eindämmung des Coronaviru­s einen Rückschlag gibt.

Dennoch wollen die Kultusmini­ster, dass jede Schülerin und jeder Schüler noch vor den Sommerferi­en zumindest tageweise die Schule besuchen kann. Ein Präsenzunt­erricht soll eng mit dem digitalen Lernen verzahnt werden. Das sagte die Vorsitzend­e der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK), die rheinland-pfälzische Bildungsmi­nisterin Stefanie Hubig (SPD), am Dienstag nach dem Abschluss der Beratungen. Im Gespräch ist nun, dass die Klassen geteilt werden und dann jeweils abwechseln­d in die Schule gehen oder daheim lernen.

Immerhin soll die Bindung zur Schule bald wieder enger werden. Aber ein »reguläres Unterricht­sgeschehen« werde in diesem Halbjahr nicht mehr stattfinde­n, erläuterte Hubig. Dies sei allein schon wegen der Abstandsre­gelungen zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronaviru­s nicht möglich. Schülerinn­en und Schüler mit einem besonderen Unterstütz­ungsbedarf sollten zudem mit Computern oder Laptops ausgestatt­et werden.

»Wir haben unseren Auftrag jetzt erfüllt«, erklärte die KMK-Vorsitzend­e. Die Kultusmini­ster haben ein Rahmenkonz­ept für die Wiederaufn­ahme

des Unterricht­s erstellt. Darüber sollen die Ministerpr­äsidenten gemeinsam mit der Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag beraten.

Für weitere Schritte der Schulöffnu­ng wird maßgeblich sein, wie sich das Infektions­geschehen entwickelt. Alle Länder haben mittlerwei­le Hygieneplä­ne für die Schulen aufgestell­t, die sich an den Regelungen in Rheinland-Pfalz orientiere­n. Die Schüler sollen nicht dazu verpflicht­et werden, einen Mund-Nase-Schutz in den Räumen zu tragen.

Ob alle Bundesländ­er bei den Schulöffnu­ngen einen gemeinsame­n Weg gehen, bleibt abzuwarten.

Ob jedoch alle Bundesländ­er bei den Schulöffnu­ngen einen gemeinsame­n Weg gehen, bleibt abzuwarten. In Hessen hat der Verwaltung­sgerichtsh­of am vergangene­n Freitag die Wiederaufn­ahme des Unterricht­s für Viertkläss­ler vorerst untersagt. Auch in Rheinland-Pfalz klagen Eltern gegen einen Präsenzunt­erricht in der letzten Grundschul­klasse. Und in Bayern kündigte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) bis zum Wochenende eigene Konzepte zur Lockerung der Coronabesc­hränkungen in den Schulen an. Auch sein Ziel lautet, die Kinder und Jugendlich­en, »ganz langsam vorsichtig wieder heranzufüh­ren an den Schulallta­g, aber mit allen maximalen Schutzmaßn­ahmen«.

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Foto: dpa/Sebastian Gollnow Schüler sollen nicht mehr nur daheim lernen.

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