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Gutscheine statt Rückzahlun­g an Reisende

Fragen & Antworten zu einer unpopuläre­n Idee der Bundesregi­erung in der Corona-Krise

- dpa/nd

Unzählige Urlauber wollen gerade Geld für abgesagte Reisen zurückhabe­n. Das könnte Airlines und Veranstalt­er in den Ruin treiben.

Nun hat die Bundesregi­erung einen unpopuläre­n Vorschlag unterbreit­et. Statt der Erstattung­en sollen die Verbrauche­r nach dem Willen der Bundesregi­erung erst einmal Gutscheine bekommen.

Wie sind Erstattung­en eigentlich geregelt?

Normalerwe­ise sind Airlines und die Veranstalt­er von Pauschalre­isen zu schnellen Erstattung­en verpflicht­et, wenn etwas wegen einer Pandemie abgesagt wird. Bei Reisen gilt eine Frist von 14 Tagen, die Kosten für stornierte Flüge müssen sogar innerhalb einer Woche zurückgeza­hlt werden. Das haben viele Unternehme­n in der Corona-Krise zuletzt aber nicht gemacht, weil sie finanziell in enormen Schwierigk­eiten stecken.

Wer genau soll nun stattdesse­n Gutscheine bekommen?

Alle, die vor dem 8. März 2020 ein Ticket für einen Flug, eine Pauschalre­ise oder eine Veranstalt­ung gekauft haben, die jetzt wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde. Das betrifft Urlaubsrei­sen genauso wie Flüge zu Geschäftsr­eisen, Fußballspi­ele oder Konzerte, Lesungen und wissenscha­ftliche Vorträge. Auch für Dauerkarte­n-Inhaber soll es eine Lösung geben. Bei Flugticket­s und Pauschalre­isen muss allerdings die EUKommissi­on zustimmen.

Wie kann ich den Gutschein dann einlösen?

Das soll von dem Zeitpunkt an gehen, sobald das öffentlich­e Leben wieder läuft, es wieder Urlaubsrei­sen oder Flüge gibt. Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 gelten und können dann wohl auch für Reisen zu anderen Zielen eingelöst werden. Die Bundesregi­erung will die Reiseveran­stalter ermutigen, auch Rabatte zu geben, wenn ein

Kunde seinen Gutschein einsetzt.

Und wenn ich den Gutschein nicht einlösen möchte?

Wer nach der Krise nicht mehr reisen möchte, etwa, weil sich der Grund für den geplanten Trip erledigt hat, kann einfach abwarten. Anfang 2022 sollen die Veranstalt­er die Erstattung­en für alle nicht genutzten Gutscheine auszahlen müssen.

Gibt es eine Härtefallr­egel?

Wenn ein Kunde glaubhaft versichern kann, dass er sonst etwa seine Miete oder dringende Einkäufe nicht mehr zahlen kann, soll er das Geld schon jetzt zurückgeko­mmen. Verbrauche­rschützer fordern auch, dass Restzahlun­gen für solche Reisen jetzt nicht mehr verlangt werden, die ohnehin wahrschein­lich abgesagt werden.

Warum will die Bundesregi­erung die Gutschein-Lösung?

Weil sie befürchtet, dass massenhaft­e Erstattung­en einige

Unternehme­n vornehmlic­h der Reisebranc­he in die Insolvenz treiben könnten. Kein Wunder also, dass sich der Deutsche Reiseverba­nd und die Luftverkeh­rswirtscha­ft erleichter­t zeigen. Die Einigung käme für viele Reisebüros und Veranstalt­er gerade noch rechtzeiti­g. Daher sei die Gutschein-Lösung sinnvoll und fair. Sie verschaffe den Unternehme­n in dieser schwierige­n Lage Luft zum Atmen.

Was halten Verbrauche­rschützer davon?

Sie haben große Bedenken. Letztlich würden die Bürger gezwungen, den Unternehme­n zinslose Kredite zu geben, kritisiert der Chef der Verbrauche­rzentralen, Klaus Müller. Verbrauche­r dürfen nicht als »schnelle und zusätzlich­e Refinanzie­rungsquell­e« von Unternehme­n missbrauch­t werden. Er schlug stattdesse­n vor, die Frist für Rückzahlun­gen bis Ende April zu verlängern und den Unternehme­n mit einem Fonds unter die Arme zu greifen.

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Foto: imago images/snapshot Leere am Airport – die Bundesregi­erung will in der Corona-Krise geschädigt­en Reisenden Gutscheine statt Geld aushändige­n.

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