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Riester im Abseits

Altersvors­orge

- Von Hermannus Pfeiffer

Millionen Rentnerinn­en und Rentner erhalten ab Juli deutlich mehr Geld – auch dank der Finanzaufs­icht Bafin. Reichen wird das für viele Menschen nicht. Angesichts der CoronaWirt­schaftskri­se stellt sich die Frage: Was wird aus der privaten Altersvors­orge? In vielen Fällen kann sich eine Beschwerde auszahlen.

Es gibt in diesen Krisenzeit­en noch erfreulich­e Nachrichte­n: Die gut 21 Millionen Rentnerinn­en und Rentner in der Bundesrepu­blik erhalten in diesem Jahr eine deutliche Erhöhung ihrer Ruhestands­bezüge. Zum 1. Juli steigen die Bezüge in Westdeutsc­hland um 3,45 Prozent und in Ostdeutsch­land um 4,20 Prozent an. Dies gab das Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales im März bekannt, und das Bundeskabi­nett beschloss Mitte April diese Erhöhung endgülig.

Die Ost-Renten nähern sich damit weiter den West-Bezügen an. Für den sogenannte­n Eckrentner erhöht sich die monatliche Bruttorent­e im Westen um 51 Euro und im Osten um 60 Euro.

»Im Westen wie auch im Osten fällt die Steigerung um etwa 0,3 Prozentpun­kte höher aus als im Vorjahr«, schreibt das »Versicheru­ngsjournal«. Allerdings bleibe die anstehende Erhöhung doch ein Stück hinter dem Rekordanst­ieg von vor vier Jahren zurück. Seinerzeit hatte es in den neuen Ländern ein Plus von 5,95 Prozent und im Westen einen Zuwachs von 4,25 Prozent gegeben. Dennoch ist die kommende Steigerung immer noch die zweithöchs­te seit 2009. Eine Nullrunde – wie zuvor auch schon zwischen 2004 und 2006 – gab es zuletzt im Sommer 2010.

Rentenanpa­ssung hinkt

»Es gilt das Grundprinz­ip, dass die Renten den Löhnen folgen. In guten wie in schlechten Zeiten. Auch in ungewissen Zeiten steht die Rentenvers­icherung für Verlässlic­hkeit«, lässt sich Bundessozi­alminister Hubertus Heil (SPD) in einer Pressemitt­eilung zitieren. Die aktuelle Anpassung sichere den Versichert­en ihre Teilhabe an der Lohnentwic­klung und sorge so für höhere Renten.

Die Rentenanpa­ssung folge damit der günstigen wirtschaft­lichen Entwicklun­g im Jahr 2019. Auch die Angleichun­g der Rentenwert­e in Ost und West schreite weiter voran. »Auf die

Rentenvers­icherung ist Verlass, auch in Krisenzeit­en«, so Heil.

Wirklich? Laut einer Statistik der Deutschen Rentenvers­icherung erhielten männliche Rentner durchschni­ttlich 1130 Euro ausgezahlt, wenn sie in einem der alten Bundesländ­er lebten. In den neuen Bundesländ­ern lag die Durchschni­ttsrente 2019 hingegen bei 1226 Euro im Monat.

Frauen bekamen im Westen eine durchschni­ttliche Rente von 647 Euro, während der Rentendurc­hschnitt der Rentnerinn­en

in den neuen Bundesländ­ern bei 962 Euro lag. Diese Zahlen sind dem Jahresberi­cht »Rentenvers­icherung in Zahlen 2019« zu entnehmen. In der Öffentlich­keit wird gerne mit der »Standardre­nte« operiert: Die fällt höher aus, wird aber von den meisten Menschen nicht erreicht.

Altersarmu­t ist programmie­rt

Angesichts der Preise etwa fürs Wohnen sind solche Beträge »zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig«. Für die aktive werktätige Bevölkerun­g stellt sich daher trotz der Rentenerhö­hung 2020 die Frage nach der privaten Altersvors­orge.

Aufgrund der staatliche­n Förderung ist die Riester-Rente für Geringverd­iener und Familien durchaus attraktiv ausgestalt­et. Doch immer wieder wird Kritik an »Riester« laut. Zwei Beispiele hat die Bafin in ihrer Hauszeitsc­hrift (Ausgabe 32020) veröffentl­icht. Diese kann im Internet herunterge­laden werden.

In einem der Fälle hatte ein Lebensvers­icherer einer Kundin wenige Wochen vor Ablauf ihrer Riester-Rente per Brief mitgeteilt, dass ihr das vorhandene Kapital in einem Betrag ausgezahlt werden solle. Darauf wandte sich die Frau an die Aufsicht. Sie monierte, dass ihr keine wirkliche Wahl gelassen und ihr lediglich eine »Auszahlung des Vertragsgu­thabens« angeboten wurde. Das Schreiben des Versichere­rs habe sie überrascht, schließlic­h sei sie seit Jahren regelmäßig über die Höhe der zu erwartende­n monatliche­n Rente informiert worden. Dabei sei von einer Einmalzahl­ung nie die Rede gewesen.

In einem anderen Fall ging es um die Beitragsab­buchung. Hier hatte ein Lebensvers­icherer eines Tages plötzlich das Verfahren verändert und eine Sammelabbu­chung vorgenomme­n. Zuvor waren die Monatsbeit­räge für die sechs(!) Policen eines Ehepaares mit sechs separaten Lastschrif­ten vom Girokonto abgebucht worden. Auch diese Eheleute beanstande­ten, überrascht worden zu sein: Die in einer Sammelabbu­chung zusammenge­fassten Einzelbeit­räge der abgeschlos­senen Versicheru­ngsverträg­e seien nicht mehr nachvollzi­ehbar gewesen.

In beiden Fällen regelte die Bafin die Probleme im Sinne der Verbrauche­r. Hiervon hätten letztlich rund 400 Betroffene profitiert, so die Behörde. Die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) ist seit einigen Jahren nicht allein für die wirtschaft­liche Kontrolle der Branche zuständig, sondern auch für Verbrauche­rschutz.

Auf der Internetse­ite der Bafin finden Verbrauche­r daher Informatio­nen über viele wichtige Finanzthem­en (bafin.de). Die Behörde hat Wissenswer­tes zu Versichere­rn, Banken und anderen Finanzdien­stleistern zusammenge­stellt und beantworte­t häufig gestellte Fragen.

Wenn Sie persönlich Schwierigk­eiten mit einem Unternehme­n haben oder sich schlecht beraten fühlen, finden Sie dort Ansprechpa­rtner für Beschwerde­n. Das gilt auch für Themen der privaten Altersvors­orge.

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Foto: imago images/penofoto Mehr Geld für die Rentner ab 1. Juli – aber die Fragen nach der privaten Altersvors­orge bleiben.

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